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Preisrally an den Energiemärkten

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„Energieversorger melden Konkurs an“, oder: „Knappheit von Treibstoff in Großbritannien“ – derartige Schlagzeilen machen seit wenigen Wochen die Runde. Die Preise für Strom, Gas und Kohle sind in den vergangenen Wochen teilweise auf die höchsten Werte seit Beginn des liberalisierten Energiemarkts oder zumindest innerhalb der letzten 15 Jahre gestiegen.

Eine Preisrally, die ihresgleichen sucht

So erreichte der Preis für die Lieferung von Strom im deutschen Marktgebiet für das Jahr 2022 Anfang Oktober über 150 EUR/MWh. Die Preise für den Gas-Frontmonat am niederländischen Handelspunkt TTF lagen am 5. Oktober 2021 bei bis zu 120 EUR/MWh und auch die Kohlepreise für die Lieferung im November legten auf über 260 USD/Tonne zu.

Jeden Tag, so scheint es, werden höhere Preise erreicht, die noch vor wenigen Monaten ins Reich der Fantasie gehörten. Abbildung 1 stellt zur Verdeutlichung die prozentuale Preisbewegung für Strom, Gas, Kohle und CO2 seit Beginn 2021 dar (Quelle: Montel). Am 6. Oktober 2021 brachen die Preise am Energiemarkt ein. Die hohe Volatilität der Preise birgt demnach sichtbar große Unsicherheiten und Risiken.

Prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (rote Linie), des Frontjahres Gas am TTF (grüne Linie) und des Frontjahres Kohle (gelbe Linie) von Anfang 2021 bis zum 11. Oktober 2021 (Quelle: Montel)

Abbildung 1: Prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (rote Linie), des Frontjahres Gas am TTF (grüne Linie) und des Frontjahres Kohle (gelbe Linie) von Anfang 2021 bis zum 11. Oktober 2021 (Quelle: Montel)

Steigende Preise für Energierohstoffe

Seit Anfang September gab es bei den Energierohstoffen nur noch den Weg nach oben. Klar erkennbar ist in Abbildung 1, dass die CO2-Zertifikate (rote Linie) die Rolle als hauptsächlichen Preistreiber für Strom lediglich bis Juli innehatten. Die Rekordpreise, zu denen heute Strom an den Energiebörsen gehandelt wird, ist jedoch vor allem auf den beispiellosen Anstieg der Preise für Gas (grüne Linie) und Kohle (gelbe Linie) zurückzuführen. So verwundert es kaum, dass sich die Strompreise auch im langjährigen Vergleich auf einem Höchstniveau befinden (vgl. Abbildung 2). Die Preisspitze, die vor der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 erreicht wurde, ist heute weit übertroffen. Die Strompreise für die Grundlastlieferung 2022 lag Anfang Oktober 2021 fast doppelt so hoch wie vor 13 Jahren.

Frontjahrespreise für die Lieferung von Grundlaststrom für Deutschland, Stand 5. Oktober 2021 (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 2: Frontjahrespreise für die Lieferung von Grundlaststrom für Deutschland, Stand 5. Oktober 2021 (Quelle: Energy Brainpool)

Woher kommt der extreme Anstieg bei den Preisen für Strom, Kohle und Gas?

Global betrachtet, führten unterschiedliche Ereignisse zu den derzeit sehr hohen Energiepreisen in Europa. Eine geringe Einspeisung aus erneuerbaren Energien im Jahr 2021, die hohen CO2-Preise im europäischen Emissionshandelssystem aufgrund verstärkter Klimaschutzanstrengungen oder die Diskussionen um die Gaspipeline Nord Stream 2 sind als einzelne und einfache Gründe kaum verantwortlich für die heutige Preissituation. Vielmehr kann von einem perfekten Sturm, also dem Zusammentreffen von verschiedenen, teilweise voneinander abhängigen, aber auch unabhängigen Faktoren, gesprochen werden, die im Endergebnis diese sehr hohen Preise verursachen. Die verschiedenen Gründe werden nachfolgend eingeordnet.

Die wichtigsten globalen und regionalen Ursachen der derzeitigen Preisbewegungen

Besonders die Einspeisung von Windenergie in Deutschland war im Jahr 2021 bislang stark unterdurchschnittlich. Infolge der ansteigenden Nachfrage während der Coronavirus-Pandemie, mussten konventionelle Kraftwerke mehr Strom erzeugen. Dadurch stieg der Bedarf nach Gas und Kohle und trieb die Preise der beiden Rohstoffe an.

Zudem veröffentlichte die EU-Kommission im Juli 2021 ihr „Fit for 55-Paket“ zur Umsetzung verstärkter Klimaambitionen. Schon im Vorlauf der Veröffentlichung der Vorschläge zur Anpassung des europäischen Emissionshandelssystems stiegen die Preise für CO2-Zertifikate. Marktteilnehmende nahmen die potenzielle zukünftige Verknappung von Emissionszertifikaten in den Preisen schon seit Anfang des Jahres vorweg. Die höheren CO2-Preise führten als Aufschlag bei den Stromerzeugungskosten der fossilen Kraftwerke ebenfalls zu steigenden Strompreisen.

Auf Seite der Brennstoffe kam es im Verlauf von 2021 bei der am Weltmarkt gehandelten Steinkohle zu häufigen Liefereinschränkungen. Diese entstanden durch Streiks und Naturkatastrophen in wichtigen Förderländern, wie Kolumbien und Südafrika. Gleichzeitig zog auch der globale Stromverbrauch in 2021 gegenüber 2020 wieder an. Ursache hierfür war neben einer wiedererstarkten Wirtschaft auch der Bedarf nach Strom für Kühlanlagen durch den sehr heißen Sommer in Asien. Eine eingeschränkte Liefersituation traf also auf eine höhere Nachfrage nach Kohle und beflügelte die Preise.

Auch bei den Gaspreisen traf eine höhere Nachfrage auf ein mäßiges Angebot. Eine sehr lange Heizperiode in Europa bis in den Mai hinein, wurde von der starken Nutzung der Klimaanlagen in Asien über den gesamten Sommer 2021 abgelöst und trieb den weltweiten Bedarf nach Gas an. Daher startete die Befüllung der europäischen Gasspeicher im Vergleich zu den Vorjahren erst gegen Juni. Der geringe Speicherstand wird auch in Abbildung 3 ersichtlich, welche den Füllstand der deutschen Gasspeicher zu Beginn jeden Monats von 2016 bis 2021 zeigt.

 Füllstand der deutschen Gasspeicher zu Beginn des Monats 2016-2021 in TWh (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 3: Füllstand der deutschen Gasspeicher zu Beginn des Monats 2016-2021 in TWh (Quelle: Energy Brainpool)

Die Lieferungen von Flüssigerdgas (LNG) gingen den Sommer über in den asiatischen Raum, da die Kunden eine größere Zahlungsbereitschaft aufwiesen. Ebenfalls höhere Importe von LNG verbuchte Südamerika, welches aufgrund von Dürren und niedrigere Wasserständen die geringe Stromerzeugung aus Wasserkraft durch Gaskraftwerke ausgleichen musste (Quelle: Timera). Auch die geopolitische Debatte um die neue Gaspipeline Nord Stream 2 und Russland als Gaslieferant spitzte sich zu: Gazprom nahm trotz der hohen Preise in Europa keine über die bestehenden Verträge hinausgehende Kapazitätsbuchungen an Gaspipelines über die Ukraine und Polen vor.

Wie geht es weiter?

Größter Treiber für den Strompreis sind Stand Anfang Oktober die Gaspreise. Sollte ein milder Winter vor der Tür stehen und sich die Füllstände der Gasspeicher weiter dem langjährigen Mittel annähern, ist mit einer Reduktion oder zumindest einer Stabilisierung der Gas- und somit auch der Strompreise zu rechnen.

Dennoch scheinen stattliche Preise für diesen Winter gesetzt zu sein. Erst im Frühjahr 2022 zeigt die Preis-Forward-Kurve der Frontprodukte für die Grundlastlieferung Strom wieder nach unten (siehe Abbildung 4). Auf Marktseite ist mit einer Normalisierung der Preise somit ab Mitte des nächsten Jahres zu rechnen.

 Price-Forward-Kurve für Grundlastlieferung Strom Deutschland an der EEX in EUR/MWh von Ende September 2021 (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 4: Price-Forward-Kurve für Grundlastlieferung Strom Deutschland an der EEX in EUR/MWh von Ende September 2021 (Quelle: Energy Brainpool)

In jedem Fall werden Energieversorger durch die Hochpreisphase gezwungen, sich mit ihren Beschaffungs- und Vertriebsstrategien zu beschäftigen und diese eventuell umzustellen. Eine Betrachtung der geopolitischen Zusammenhänge wie auch Strategien zur Absicherung von Preisrisiken sind in dieser volatilen Phase unumgänglich und werden durch global weiter zusammenwachsende Gasmärkte von immer größerer Bedeutung.

Doch auch für Betreiber von EEG-Anlagen bietet diese Marktentwicklung neue Chancen auf Zusatzerlöse. Als Alternativen zum marktwertbasierten Vergütungsmodell stehen ergänzende Fixpreisregelungen innerhalb des Marktprämienmodells sowie der kurzzeitige Wechsel in die sonstige Direktvermarktung zur Verfügung. Eine datenbasierte Bewertung dieser Alternativen inklusive Diskussion der Handlungsoptionen ist Teil unseres PPA-Intensivseminars XL vom 27. bis 29. Oktober 2021.

Der Beitrag Preisrally an den Energiemärkten erschien zuerst auf Energy BrainBlog.


Update: EU Energy Outlook 2050 – Wie entwickelt sich Europa in den nächsten 30 Jahren?

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Die Strommärkte in Europa unterliegen einem ständigen Wandel, welcher aktuelle Preisszenarien unabdingbar macht. Nur so lassen sich beispielsweise Marktentwicklungen, Assets und Verträge, Investitionsentscheidungen, PPAs oder Geschäftsmodelle richtig bewerten

Der „EU Energy Outlook 2050“ zeigt die Entwicklung des „Energy Brainpool“-Szenarios für EU-27, sowie Norwegen, die Schweiz und Großbritannien. Die tatsächlichen Prozesse in den Einzelländern können deutlich variieren. Um fundiert entscheiden zu können, sind detaillierte Modellierungen der einzelnen nationalen Märkte und der länderspezifischen Einflussfaktoren inklusive Sensitivitätsanalysen unerlässlich.

Wie sieht der europäische Kraftwerkspark der Zukunft aus?*

Installierte Erzeugungskapazitäten in EU-27 (zzgl. NO, CH und UK) nach Energieträger (Quelle: Energy Brainpool, 2021; EU Reference Scenario, 2016; entso-e, 2021)

Abbildung 1: Installierte Erzeugungskapazitäten in EU-27 (zzgl. NO, CH und UK) nach Energieträger (Quelle: Energy Brainpool, 2021; EU Reference Scenario, 2016; entso-e, 2021)

Der Kraftwerkspark in Europa hat sich über viele Jahrzehnte entwickelt und war besonders von fossilen Erzeugungskapazitäten dominiert (vgl. Abbildung 1). Die im Markt befindlichen Kraftwerke haben vielfach bereits ein hohes Alter erreicht. Bis 2050 müssen sie ersetzt werden, dazu zählen auch alle Kernkraftwerke. Ausgenommen hiervon sind nur die bereits im Bau befindlichen Kraftwerke.

Die aktuelle Klimadebatte zeigt Wirkung. Mittlerweile haben sich insgesamt 10 EU-Staaten zu einem Kohleausstieg entschlossen, um negative Auswirkungen der hohen Emissionen zu begrenzen. Für die Zukunft stehen bekannte und erprobte Technologien bereit: Gaskraftwerke, erneuerbare Energien wie auch Kernkraftwerke.

Vor allem Windkraft und Photovoltaik haben weiterhin ein großes Wachstumspotenzial. Diese Technologien sind heute dank der stark gesunkenen Kosten in den letzten zehn Jahren wettbewerbsfähig. Dies ist auch ersichtlich durch die ansteigende Anzahl PPA-basierter Projekte, insbesondere für Solaranlagen. Experten erwarten, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Im „EU Energy Outlook 2050“ steigt der Anteil dieser fluktuierenden erneuerbaren Energien (feE) bis in das Jahr 2050 auf rund 65 Prozent der gesamten Angebotsleistung. Erneuerbare haben einen Anteil von 76 Prozent am Kraftwerkspark.

An steuerbaren, fossilen Erzeugungskapazitäten werden auf europäischer Ebene in Zukunft vor allem Gaskraftwerke zugebaut. Das liegt an den geringeren Emissionen im Vergleich zu Kohlekraftwerken. Letztere verlieren selbst mit Carbon-Capture-Storage (CCS) weiter an Bedeutung.

Die Kapazitäten von Kernkraft- und Kohlekraftwerken verringern sich um mehr als 53 Prozent bis 2050. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, die Niederlande, Finnland, Italien, Irland, Portugal und Dänemark haben für die Zukunft Kohleausstiege angekündigt. Dadurch ist insbesondere bei der Steinkohle ein starker Rückgang der aktuell installierten Leistung auf rund 18 Prozent bis zum Jahr 2050 zu beobachten.

In der Gesamtbetrachtung reduziert sich der Anteil der Erzeugungskapazität steuerbarer, thermischer Kraftwerke von aktuell rund 47 Prozent auf etwa 24 Prozent bis zum Jahr 2050. Dies hat einen erheblichen Einfluss auf die Struktur der Strompreise, welche zunehmend durch feE geprägt sind.

Warum steigt die Stromnachfrage bis 2050?

Bruttostromerzeugung und -nachfrage nach Energieträgern EU-27, zzgl. NO, CH und UK (Quelle: Energy Brainpool, 2021; EU Reference Scenario, 2016; entso-e, 2021)

Abbildung 2: Bruttostromerzeugung und -nachfrage nach Energieträgern EU-27, zzgl. NO, CH und UK (Quelle: Energy Brainpool, 2021; EU Reference Scenario, 2016; entso-e, 2021)

Die Stromnachfrage steigt bis 2050 um circa 31 Prozent, wie in Abbildung 2 dargestellt ist. Der Strombedarf erhöht sich vor allem durch die nationalen Wasserstoffstrategien, die vermehrte Elektrifizierung in den Haushalten sowie den Anstieg der Elektromobilität. Der Großteil des Wirtschaftswachstums findet laut Plänen der Europäischen Kommission im tertiären Dienstleistungssektor statt, welcher ebenfalls mehr Strom benötigt. Im Industriesektor kann durch eine höhere Effizienz ein deutlicher Anstieg des Stromverbrauchs verhindert werden.

Die produzierte Strommenge aus Kohlekraftwerken ist stark rückläufig und nimmt bis 2030 um rund 58 Prozent und bis 2050 um rund 91 Prozent ab. Die Produktion aus Gaskraftwerken erhöht sich indes um rund 25 Prozent bis zum Jahr 2050. Im Jahr 2050 erzeugen Wind- und Solaranlagen rund 46 Prozent des Stroms. Rund 35 Prozent des Stroms stammt aus steuerbaren, fossilen Kraftwerken. Die restlichen Strommengen werden durch steuerbare, erneuerbare Energien produziert, wie zum Beispiel Biomassekraftwerke oder Speicherseen. 80 Prozent des Stroms werden dabei emissionsfrei erzeugt. Damit würden die gesteckten Klimaziele verfehlt.

Die langfristige Entwicklung von Rohstoffpreisen

Commodity-Preise (Quelle: World Energy Outlook 2021 („Sustainable Development“) und eigene Berechnungen von Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 3: Commodity-Preise (Quelle: World Energy Outlook 2021 („Sustainable Development“) und eigene Berechnungen von Energy Brainpool, 2021)

Die Entwicklung der wichtigsten Commodity-Preise bis 2050 basiert auf dem „Sustainable Development Scenario“ (SDS) des World Energy Outlooks (WEO) 2021 der IEA (IEA, 2021). In diesem Szenario sind drei Ziele definiert: Stabilisierung des Klimawandels, saubere Luft und ein universeller Zugang zu moderner Energie. Insbesondere wird angenommen, dass der Großteil der Industrieländer seine CO-Emissionen im Jahr 2050 auf „netto-null“ reduziert, und der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur so auf 1,65 °C begrenzt wird.

Im Vergleich zum heutigen Niveau sinken in diesem Szenario die Preise für Gas, Öl und Steinkohle kontinuierlich bis 2030 (siehe Abbildung 3). Insbesondere die Gaspreise sind momentan auf einem außerordentlich hohen Niveau; umso ausgeprägter ist daher der Rückgang in den kommenden Jahren.

Seit dem letzten Update des World Energy Outlooks vor einem Jahr sind die zukünftig angenommenen Gaspreise leicht gefallen, während die Preispfade für Kohle und Öl nahezu unverändert geblieben sind. Stark gestiegen ist im Vergleich zum WEO 2020 allerdings der für die EU angenommene CO2-Preis von umgerechnet knapp 114 EUR/tCO2 im Jahr 2040 auf über 140 EUR/tCO2. Dieser Anstieg um 23 Prozent wirkt sich – wie im nächsten Abschnitt diskutiert – direkt auf die zu erwartenden Strompreise aus.

Im WEO 2021 hat die IEA auch ein neues Szenario eingeführt, das „Announced Pledges Scenario“ (APS). Im Gegensatz zum „Sustainable Development Scenario“ (SDS) werden hier nur die Emissionsreduktionen realisiert, zu denen sich die Regierungen in Form von „Pledges“ bereits verpflichtet haben. Zu einer Reduktion der globalen CO2-Emissionen kommt es daher erst ab 2030. Im Jahr 2050 sind die Emissionen noch mehr als doppelt so hoch wie in SDS. Hinsichtlich der Commodities wird dieselbe Entwicklung der CO2-Preise angenommen wie in SDS. Da Gas, Kohle und Öl aber nach 2030 noch stärker genutzt werden, sind die Preise in diesem Szenario höher als in SDS, was die durchschnittlichen Strompreise zusätzlich nach oben treibt.

Zum APS kann demnächst auf Wunsch ein Sensitivitätsszenario berechnet und geliefert werden.

Entwicklung durchschnittlicher Strompreise

Jährliche Baseload-Preise und Schwankungsbreite nationaler Einzelmärkte ausgewählter Staaten in Europa im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 4: Jährliche Baseload-Preise und Schwankungsbreite nationaler Einzelmärkte ausgewählter Staaten in Europa im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Für die Entwicklung der durchschnittlichen, ungewichteten Strompreise der Jahre 2022 bis 2050 sind vor allem die Primärenergie- und CO2-Preise relevant. Aufgrund der steigenden CO2-Preise nehmen die Strompreise ab 2030 kontinuierlich zu. Allerdings wird diese Entwicklung gedämpft durch die hohen Einspeisungen aus Wind- und Photovoltaik-Kraftwerken. Diese können nur teilweise von einer flexibler werdenden Stromnachfrage ausgeglichen werden, was zunehmend zu Stunden mit geringen und häufiger auch negativen Strompreisen führt.

Im Vergleich zur letzten Ausgabe des EU Energy Outlooks von Juni 2021 haben die berechneten Strompreise zwischen 2030 und 2050 durchschnittlich um 10 Prozent zugenommen. Grund hierfür ist der oben dargestellte Anstieg der angenommenen CO2-Preise, basierend auf dem aktuellen WEO. Die tatsächlichen Entwicklungen in den Einzelländern weichen zum Teil sehr voneinander ab. Dies zeigen die dargestellten Schwankungsbreiten in Abbildung 4. Aufgrund der Entwicklung der Commodity-Preise verzeichnen insbesondere Länder mit einem geringen Ausbau von erneuerbaren Energien einen stärkeren Anstieg der Strompreise.

Monatliche Baseload-Preise ausgewählter EU-Staaten im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 5: Monatliche Baseload-Preise ausgewählter EU-Staaten im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Betrachten wir die Strompreise auf monatlicher Basis, ist die Saisonalität und Volatilität des Strommarktes erkennbar (siehe Abbildung 5). Für den Winter zeigen die Analysen steigende Preise, bedingt durch die Temperatursensitivität der Stromnachfrage. Demgegenüber liegen die Strompreise im Sommer meist deutlich niedriger. Dieser Effekt wird durch den steigenden Anteil solarer Stromerzeugung verstärkt, welcher sich preissenkend auswirkt.

Welche Erlöse können Windkraftanlagen erzielen?

Vermarktungswerte und -mengen für Wind in ausgewählten EU-Staaten im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 6: Vermarktungswerte und -mengen für Wind in ausgewählten EU-Staaten im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Der Vermarktungswert ist der durchschnittliche mengengewichtete Strompreis, den Windkraftwerke am Spotmarkt erzielen können. Es werden nur Erzeugungsstunden mit positiven Strompreisen berücksichtigt (inklusive 0 EUR/MWh).

Wie Abbildung 6 zeigt, steigt der Vermarktungswert der Windenergie ab dem Jahr 2030 kontinuierlich an. Die jährliche Zunahme fällt allerdings gering aus, auch bedingt durch konstant größer werdende Kapazitäten. Die parallele Erzeugung durch eine höhere Anzahl von Anlagen verringert die Strompreise in diesen Stunden (Merit-Order-Effekt). Die Vermarktungsmengen (Anteil der erzeugten Mengen zu Strompreisen >=0 EUR/MWh) gehen dabei im EU-Durchschnitt nur leicht, in einzelnen Ländern teilweise auch sehr deutlich zurück. Die Vermarktungserlöse ergeben sich aus dem Produkt der Vermarktungswerte und Vermarktungsmengen.

Die vielen Stunden, in denen trotz des hohen Anteils von erneuerbaren Energien steuerbare, fossile Kraftwerke den Preis setzen, ermöglichen steigende positive Erlösströme. Die Schwankungsbreite der Märkte zeigt, wie unterschiedlich die landesspezifischen durchschnittlichen Erlösmöglichkeiten von Windenergieanlagen sind.

Im White Paper „Bewertung der Strommarkterlöse von Anlagen fluktuierender erneuerbarer Energien“ definiert Energy Brainpool unter anderem die Indizes Vermarktungswert und
-mengen. Diese Indizes ermöglichen eine realistische Ermittlung der Erlöspotenziale von fluktuierenden, erneuerbaren Energien am Strommarkt.

Welche Erlöse können Photovoltaik-Anlagen (Solar) erzielen?

Vermarktungswerte und -mengen für Solar ausgewählter EU-Staaten im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 7: Vermarktungswerte und -mengen für Solar ausgewählter EU-Staaten im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Die Entwicklung der Vermarktungswerte der Solarenergie gleicht dem Trend der Vermarktungswerte für Windenergie, allerdings auf einem niedrigeren Niveau (vgl. Abbildung 7). Grund hierfür ist der stark ausgeprägte Gleichzeitigkeitseffekt der Solarenergie: Der Großteil des Stroms wird in den Tagesstunden im Sommer erzeugt. In Stunden, in denen viel Solarstrom erzeugt wird, sinken die Strompreise und damit die Erlöse.

Die Vermarktungsmengen für Solarenergie bleiben im EU-Durchschnitt nahezu konstant, in einzelnen Ländern gehen sie auch zurück. Die große Schwankungsbreite der Solar-Vermarktungswerte in den Einzelstaaten zeigt, wie stark die Erlösmöglichkeiten variieren. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass in einem sonnenreichen Land auch mit geringen Vermarktungswerten hohe Erlöse möglich sind. Der Grund dafür ist, dass die Anlagen besser ausgelastet sind.

Solarthermische Anlagen zur Stromerzeugung sind im Szenario eine Randtechnologie und werden nicht in großem Umfang ausgebaut.

Zunahme der Preisvolatilität im Detail

Entwicklung der nachfragegewichteten Baseload-Preise und Quantile der Stundenpreise ausgewählter EU-Staaten (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 8: Entwicklung der nachfragegewichteten Baseload-Preise und Quantile der Stundenpreise ausgewählter EU-Staaten (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Im Szenario führen viele Faktoren zu einem deutlichen Anstieg der Preisvolatilität. In Abbildung 8 wird die Preisvolatilität mithilfe von Boxplots dargestellt, welche die jährlichen nachfragegewichteten Baseload-Preise und die Quantile der Stundenpreise im jeweiligen Jahr beschreiben. Auf der einen Seite nehmen die Erzeugungskosten der steuerbaren, fossilen Kraftwerke aufgrund der steigenden CO2-Preise zu. Auf der anderen Seite hat der Ausbau fluktuierender, erneuerbarer Energien einen preissenkenden Effekt. Im Ergebnis treten aus heutiger Sicht extreme Preise deutlich häufiger auf und werden zu einem normalen Bestandteil der Strompreisstruktur des Day-Ahead-Marktes.

Die hohen Extrempreise steigen mit der Zeit kontinuierlich an, während die niedrigen Extrempreise nach 2030 auf einem nahezu konstanten Niveau bleiben. Grund hierfür sind die Flexibilitätsoptionen, wie z. B. Elektrolyseure, Wärmepumpen und Elektromobilität, welche bei der zukünftigen Stromversorgung zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Schwankungen durch Wetterrisiken bei der Bestimmung der Vermarktungswerte fluktuierender Erzeuger

In Deutschland und auch anderen europäischen Märkten stand aufgrund der Förderung von Wind und Solar bisher beim Gedanken an die Wetterrisiken fluktuierender erneuerbarer Energien lediglich der Einfluss auf die produzierten Erzeugungsmengen im Fokus. Sämtliche Preisrisiken spielten durch die garantierte Einspeisevergütung bzw. Marktprämie keine Rolle. Für Windanlagen galt daher beispielsweise, dass große Windmengen hohe Erlöse generieren und wenig Wind zu niedrigen Erlösen führt. Um Erlöse abzuschätzen, wurde folgerichtig eine erwartete Menge (z. B. P50-Menge) mit der fixen Förderung multipliziert.

Diese Situation ändert sich jedoch bei marktlich vermarkteten Anlagen, die ihre Erlöse basierend auf schwankenden Strompreisen generieren. Da auch die Strompreise mit dem Wetter schwanken, muss der Wettereinfluss doppelt berücksichtigt werden. Im Weiteren zeigen wir, dass hier aus Sicht des Anlagenbetreibers eine erlösstabilisierende Antikorrelation der beiden Wettereffekte existiert, und Wetterrisiken so systematisch überschätzt werden können.

Der Effekt der Antikorrelation wird anhand der Modellierungsergebnisse einer Szenariorechnung für das Jahr 2021 unter Verwendung der Wetterjahre 2005 bis 2016 deutlich. In Abbildung 9 sind die prozentualen Schwankungen der Erzeugungsmengen und Vermarktungserlöse um den jeweiligen Mittelwert dargestellt. Multipliziert man die Erzeugungsmenge (in MWh) mit dem Vermarktungserlös (in EUR/MWh), erhält man die Jahreserlöse der Anlage (in EUR/MW/a). Diese sind ebenfalls prozentual und zusätzlich in EUR/MWh angegeben, und beziehen sich dabei auf Erlösschwankungen der im langjährigen Mittel erzeugbaren Strommenge (P50-Menge).

Mit Blick auf die Abbildungswerte wird ein Muster erkennbar: Windreiche Jahre zeigen hohe Mengen bei niedrigen Vermarktungserlösen, windarme Jahre zeigen niedrige Mengen bei höheren Vermarktungserlösen. Das ist im Allgemeinen auf den Kannibalisierungseffekt erneuerbarer Energien zurückzuführen, und kann eine Stabilisierung der Jahreserlöse bewirken.

Vergleich des Einflusses verschiedener Wetterjahre auf Strommenge und –wert in 2021 mittels prozentualer Abweichungen vom Mittelwert aller Wetterjahre (Quelle: Energy Brainpool, 2019)

Abbildung 9: Vergleich des Einflusses verschiedener Wetterjahre auf Strommenge und –wert in 2021 mittels prozentualer Abweichungen vom Mittelwert aller Wetterjahre (Quelle: Energy Brainpool, 2019)

Beispielsweise liegen die Erzeugungsmengen im Wetterjahr 2007 um mehr als 16 Prozent über dem P50-Wert, jedoch fällt der Vermarktungserlös in EUR/MWh um 8 Prozent geringer aus (vgl. Abbildung 9). Der Jahreserlös der Anlage schwankt daher nur um + 7,5 Prozent. Umgerechnet sind das + 3,12 EUR/MWh Abweichung von den Erlösen, die mit der P50-Menge als langjähriger Mittelwert geplant wurden.

Demgegenüber fallen die Erzeugungsmengen im Wetterjahr 2010 um 10 Prozent geringer aus. Dies entspricht in etwa der P90-Menge. Jedoch werden die geringeren Mengen von den mehr als 11 Prozent höheren Vermarktungserlösen überkompensiert, und die Jahreserlöse bleiben stabil (+ 0,7 Prozent). Kalkuliert man die erwarteten Erlöse einer Anlage aber durch Multiplikation der P90-Menge (des Wetterjahres 2010) nur mit dem mittleren Vermarktungserlös, überschätzt man das Wetterrisiko systematisch und lässt diese erlösstabilisierende Antikorrelation außer Acht.

Anhand der Abbildung 10 wird beim Vergleich der Wetterjahre 2010 und 2016 wird jedoch auch deutlich, dass diese Antikorrelation nicht in jedem Wetterjahr gleichermaßen gegeben ist. Sie kann durch gleichzeitige Solareinspeisung ausgehebelt werden. Beispielsweise verteilte sich die Windeinspeisung in 2016 verglichen mit 2010 trotz niedriger Jahresmengen stärker auf Stunden mit gleichzeitig hoher Solareinspeisung, sodass die Vermarktungserlöse kaum gestiegen sind.

Insgesamt ergeben sich Wetterjahr-spezifische Schwankungsbreiten der Erlöse, die sowohl wetterbedingte Mengen- als auch Wertrisiken abbilden. Zieht man die Erzeugungsmengen von P90- (z. B. 2010) oder P50-Wetterjahren (z. B. 2009) zur Abschätzung von Wetterrisiken heran, ist es ratsam, diese in Kombination mit den erwarteten Preiseffekten zu betrachten. Andernfalls können Wetterrisiken überschätzt werden.

Die dargestellten Werte verändern sich in der Zukunft stark durch sich wechselnde Kraftwerksparks und damit ändernde Kannibalisierung der erneuerbaren Energien. Lesen Sie mehr dazu in unseren White Papern „Power-Purchase-Agreements I & II“.

Vergleich der Wetterrisiken in unterschiedlichen Märkten im Jahr 2020 anhand der Wetterjahre 2005-2016 (Quelle: Energy Brainpool, 2020)

Abbildung 10: Vergleich der Wetterrisiken in unterschiedlichen Märkten im Jahr 2020 anhand der Wetterjahre 2005-2016 (Quelle: Energy Brainpool, 2020)

Schwankungen bedingt durch unterschiedliche Szenario-Annahmen

Trends in den unterschiedlichen Szenarien ausgewählter EU-Staaten (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 11: Trends in den unterschiedlichen Szenarien ausgewählter EU-Staaten (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Energy Brainpool bietet eine Vielzahl unterschiedlicher geschlossener Szenarien an. Abbildung 11 zeigt die unterschiedlichen Trends der Szenarien. Die Schwankungen betreffen hierbei sowohl die Annahmen zu der Entwicklung der Commoditiy-Preise sowie des Kraftwerksparks und der E-Mobilität und weiterer Flexibilitätsoptionen (Progressivität).

Abbildung 12 zeigt die dazugehörigen Ergebnisse der Strompreise der jeweiligen Szenarien.

Entwicklung der Strompreise in EUR2020/MWh der jeweiligen Szenarien ausgewählter EU-Staaten (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 12: Entwicklung der Strompreise in EUR2020/MWh der jeweiligen Szenarien ausgewählter EU-Staaten (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

 

*EU-27 zzgl. United Kingdom, Norwegen und Schweiz, je nach Auswertung wurden die signifikanten Staaten ausgewählt, um den Mittelwert zu bestimmen.

 

Quellen:

[1] EU Reference Szenario, 2016: Energy, transport and GHG emissions – Trends to 2026 [online] https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/ref2016_report_final-web.pdf [zuletzt abgerufen am 01.11.2021].
[2] IEA, 2021: World Energy Outlook [online] https://www.iea.org/reports/world-energy-outlook-2021 [zuletzt abgerufen am 01.11.2021].
[3] entso-e, 2021 [online] https://tyndp.entsoe.eu/ [zuletzt abgerufen am 01.11.2021].

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Rekordpreise am Strommarkt: EE-Marktwerte nun am Terminmarkt absichern?

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Aktuelle Marktlage: Marktwerte über EEG-Förderung von Großanlagen

Seit spätestens Juli 2021 übersteigen die EE-Marktwerte die EEG-Förderung derjenigen Anlagen, die seit 2018 einen Zuschlag in den Ausschreibungen erhielten. Diese Anlagen bekommen derzeit also eine Marktprämie von 0 EUR/MWh. Auch bei Anlagen mit höheren EEG-Fördersätzen wird der Erlösanteil aus der Direktvermarktung immer relevanter. Diesen Zusammenhang stellt Abbildung 1 dar.

Marktwerte erneuerbarer Energien im Vergleich zu den EEG-Ausschreibungsergebnissen 2018 bis 2020 (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 1: Marktwerte erneuerbarer Energien im Vergleich zu den EEG-Ausschreibungsergebnissen 2018 bis 2020 (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der monatlichen Marktwerte seit 2019 im Vergleich zur Bandbreite der mittleren Förderwerte je Ausschreibungsrunde („anzulegender Wert“) für Großanlagen. Die Bandbreite reicht von 43 bis 66 EUR/MWh. Die Marktwerte haben spätestens im Juli 2021 diese Bandbreite überschritten. Die Zunahme der Relevanz der Markterlöse ist der Hauptgrund dafür, dass nun viele Akteure überlegen, dieses hohe Preisniveau über ihre Direktvermarkter am Terminmarkt abzusichern.

Wie hoch sind künftige Marktwerte, die heute am Terminmarkt abgesichert werden können?

Das hängt einerseits vom Niveau der Strompreise am Terminmarkt ab, andererseits von der relativen Wertigkeit des Einspeiseprofils der einzelnen Anlagen. Während das Preisniveau am Terminmarkt unkompliziert mit Standardprodukten börslich oder als bilaterales Handelsgeschäft abgesichert werden kann, kann dies für die künftige Wertigkeit des Einspeiseprofils in der Regel nicht geschehen. Mit Bewertungsstichtag 2. November 2021 können folgende mittleren Werte für Wind Onshore, Wind Offshore und Solar aus Tabelle 1 angegeben werden: Für diesen Winter schwanken Marktwerte je nach Technologie und Monat zwischen 126 EUR/MWh und 183 EUR/MWh.

Erneuerbare-Energien-Preisindizes, Terminmarktbewertung einer Stromlieferung aus Solar- und Windanlagen, Bewertung zu Settlementpreisen am 02.11.2021 (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Tabelle 1: Erneuerbare-Energien-Preisindizes, Terminmarktbewertung einer Stromlieferung aus Solar- und Windanlagen, Bewertung zu Settlementpreisen am 02.11.2021 (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

In den nächsten drei Quartalen sinkt der Wert auf zwischen 80 und 90 EUR/MWh. Bis 2024 sinken diese Terminmarktbewertungen weiter und liegen dann teilweise auch wieder unter den anzulegenden Werten der EEG-Ausschreibung. Das bedeutet: Nach aktuellem Stand bleibt eine terminbasierte Preisfixierung der Wintermonate auch für ältere Großanlagen mit anzulegenden Werten deutlich über 100 EUR/MWh (10 ct/kWh) eine relevante Option zur Erlösoptimierung. Für den Sommer bzw. das Gesamtjahr 2022 gilt dies vorrangig für neuere Großanlagen mit niedrigeren EEG-Fördersätzen.

Macht es Sinn, diese im historischen Vergleich sehr hohen Marktwerte nun zu fixieren?

Niemand kann heute mit Gewissheit sagen, ob und wann sich am Spotmarkt wieder niedrigere Preise einstellen werden – vielmehr ist der Terminmarktpreis die durchschnittliche Einschätzung der Stromhändler:innen, wie der Spotmarkt der Zukunft aussieht.

Marktwert einloggen oder auf den Spot-Marktwert warten: Woran ist eine Entscheidung festzumachen?

Sinnvoll ist es, sich am wahrscheinlichsten Zukunftsszenario aus heutiger Sicht zu orientieren. Die Spotpreise der nächsten Monate und Jahre sind unter anderem besonders stark abhängig von der weiteren Entwicklung

  • der Stromnachfrage (u. a. Auswirkung der konjunkturellen Entwicklung in Anbetracht der Covid-19-Pandemie),
  • des Wetters (Merit-Order-Effekt der Wind- und Solareinspeisung, temperaturabhängige Heizstromnachfrage) sowie
  • der Commodity-Preisentwicklung (Gas-, Kohle- und CO2-Preise).

Kurzfristig (das heißt monats- und quartalsweise) kann zudem die Verfügbarkeit konventioneller Kraftwerke eine signifikante Rolle spielen. Eine fundamentale Strompreisanalyse bietet grundsätzlich eine Hilfestellung, um den Preiseinfluss verschiedener Entwicklungspfade dieser Parameter konsistent abzubilden. Zum heutigen Zeitpunkt lässt sich beispielsweise über die Entwicklung des Wetters für 2022 jedoch noch keine Aussage treffen. Wird nur ein einziges Basisszenario berechnet, muss daher von einem möglichst durchschnittlichen Wetterjahr ausgegangen werden. Diesem durchschnittlichen Wetterjahr ist aufgrund der Historie die höchste Eintrittswahrscheinlichkeit zuzuordnen.

In ähnlicher Weise besteht Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Konjunktur sowie der Commodity-Märkte. Hier liefern die Abrechnungspreise des Terminmarkts einen Indikator. Diese Preise stellen einen tagesaktuellen, aber risikobehafteten Schätzwert der künftigen Marktpreise dar. Es besteht also auch hier die Unsicherheit, inwiefern die marktgehandelten Kontrakte ein idiosynkratrisches Risiko in sich tragen und vom fundamentalen Wert abweichen. Um diesen Unsicherheiten der kurz- bis mittelfristigen Marktentwicklung zu begegnen, bietet sich eine Analyse fundamentaler Szenarioschwärme zur Einordnung des Terminmarkts an.

Entscheidungshilfe 2.0: fundamentale Szenarioschwarmanalyse kurz erklärt

2018 lag der Terminmarktpreis meist unter dem Spotmarktpreis. 2021 lag hingegen der Spotmarktpreis deutlich über den Preisen für das gleiche Jahr am Terminmarkt. Wie Abbildung 2 außerdem zu entnehmen ist, wurde das Jahr 2022 in der Vergangenheit am Terminmarkt ebenfalls nicht allzu hoch bewertet, erst im Sommer diesen Jahres zogen die Preise extrem an. Szenarioschwärme können zeigen, wie wahrscheinlich aus heutiger Sicht ein bestimmtes Spotpreisniveau ist.

Verteilung der aufgetretenen Preise am Terminmarkt bis zum Lieferbeginn (Boxplot) und tatsächliche Spot-Preise (graue Linien) seit 2017 (Quelle: Energy Brainpool nach EEX-Daten, 2021)

Abbildung 2: Verteilung der aufgetretenen Preise am Terminmarkt bis zum Lieferbeginn (Boxplot) und tatsächliche Spot-Preise (graue Linien) seit 2017 (Quelle: Energy Brainpool nach EEX-Daten, 2021)

Die Szenarioschwarmanalyse beruht auf einer Kombination aus fundamentalen und stochastischen Analysemodellen (Monte-Carlo-Simulation), mit der über 1.000 Szenarien berechnet werden. In jedem Lauf werden die oben beschriebenen Inputparameter der Strompreisentwicklung neu berücksichtigt.

Quantifizieren von Preisrisiken

Beispielhaft dafür steht die Wahl der Wetterentwicklung für das Jahr 2022. Anstelle eines durchschnittlichen Wetterjahres wird mit jedem Durchlauf eine andere Wetterentwicklung aus einer historischen Stichprobe von über 30 Jahren modelliert. So können beispielsweise die Preisrisiken eines besonders kalten Winters oder eines sonnenreichen Sommers quantifiziert werden.

Zudem bestehen Interdependenzen zwischen den Inputparametern, die in den Analysemodellen abgebildet werden müssen. Ein Beispiel hierfür sind die Commodity-Preise, die ebenso wie die Stromnachfrage von konjunkturellen Entwicklungen beeinflusst werden.

Abbildung 3 zeigt exemplarisch, wie sich über 1.000 Szenariovariationen auf den Vermarktungswert für Solaranlagen in 2022 auswirken. Aus diesem „Schwarm“ an Szenarien lässt sich nun eine Häufigkeitsverteilung und damit Aussagen über Quantilswerte (P-Werte) und Schwankungsbreiten ableiten.

Häufigkeitsverteilung der modellierten Vermarktungswerte für Solaranlagen im Jahr 2022 in einem Szenarioschwarm mit n=1000 (Quelle: Energy Brainpool, 2021)*

Abbildung 3: Häufigkeitsverteilung der modellierten Vermarktungswerte für Solaranlagen im Jahr 2022 in einem Szenarioschwarm mit n=1000 (Quelle: Energy Brainpool, 2021)*

Wahrscheinlichkeit des Vermarktungswertes für Solaranlagen 2022

Aktuell stehen insbesondere die weiteren Gaspreis- und Wetterentwicklungen im Fokus von Energiehändler:innen. Daher betrachten wir den Einfluss dieser Parameter auf die Häufigkeitsverteilung möglicher Vermarktungswerte für Solaranlagen 2022 beispielhaft in Abbildung 3. Der P-50-Vermarktungswert liegt knapp unter 90 EUR/MWh, die Wahrscheinlichkeitsverteilung ist asymmetrisch, mögliche Abweichungen nach oben sind etwas größer als Abweichungen nach unten. Prinzipiell sind fixierte Vermarktungswerte um und über 90 EUR/MWh gute Angebote. Doch gerade bei Solaranlagen ist eine monatliche Betrachtung relevant, da eine monatliche Optimierung (hohe Marktwerte im Winter, niedrigere im Sommer) häufig die Erlöse weiter steigert, eine individuelle Analyse in Abhängigkeit des anzulegende Wertes ist also angezeigt.

Die Ergebnisse der Schwarmmodellierung sind allerdings nicht unabhängig vom jeweiligen Terminmarktniveau, sie haben wie alle Preisprognosen eine „Halbwertszeit“. Die Commodity-Preisschwankungen, die Grundlage für Schwarmszenarien sind, bilden die Volatilität um das jeweils gültige Preisniveau ab. Sobald sich das Preisniveau substanziell ändert, ändert sich auch der modellierte P-50-Wert und die Verteilung. Eine längerfristige Aussagekraft ist jedoch grundsätzlich möglich, die Ergebnisse der Schwarmmodellierung können bei kleinen bis mittleren Änderungen weiterverwendet werden. Dazu werden die berechneten 1.000 Szenarien anhand der geänderten Parameter neu bewertet.

Ein aktuelles Beispiel anhand des prägenden „Preistreibers Erdgaspreis“. In Abbildung 4 ist die zuvor beschriebene Neubewertung der 1.000 Szenarien anhand dieses entscheidenden Parameters erfolgt.

Verteilung der Abweichung vom im Mittel erwarteten Vermarktungswert Solar 2022 gemäß fundamentaler Szenarioschwarmmodellierung – rot: Strompreise, falls „warm + niedrige Gaspreise“; blau: Strompreise, falls „kalt + hohe Gaspreise“; grau gestrichelt: alle Szenariovarianten berücksichtigt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)*

Abbildung 4: Verteilung der Abweichung vom im Mittel erwarteten Vermarktungswert Solar 2022 gemäß fundamentaler Szenarioschwarmmodellierung – rot: Strompreise, falls „warm + niedrige Gaspreise“; blau: Strompreise, falls „kalt + hohe Gaspreise“; grau gestrichelt: alle Szenariovarianten berücksichtigt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)*

Dargestellt sind die drei unterschiedliche Ergebnisse aus der gleichen Szenarioschwarmberechnung:

  • Die gestrichelt graue Verteilungskurve bildet alle modellierten Szenarien ab.
  • Die blaue Verteilung berücksichtigt die Ergebnisse aller modellierten Strompreisszenarien, die die Bedingungen „unterdurchschnittliche (kalte) Temperatur“ und „besonders hohe Gaspreise“ erfüllen.
  • Demgegenüber bildet die rote Verteilung mögliche Strompreisentwicklungen im Falle überdurchschnittlich warmer Temperaturen und besonders niedriger Gaspreise ab.
Wie ist Abbildung 4 zu interpretieren?

Die horizontale x-Achse stellt die Abweichung des Vermarktungswertes je Szenario vom im Mittel erwarteten Vermarktungswert 2022 in EUR/MWh dar (= Mittelwert der grauen Verteilungskurve um den Wert 0). Die Schwankungsbreite innerhalb der Gesamtheit aller berechneten Szenarien ist dabei sehr groß (= Breite der grauen Verteilungskurve). Wäre das Jahr 2022 von kaltem Wetter und hohen Gaspreisen geprägt, so lägen über 80 Prozent der Ergebnisse über dem erwarteten Mittelwert aller Szenarien (vgl. Fläche der blauen Verteilung und Mittelwert der grauen Verteilung).

Dagegen würden warmes Wetter und niedrige Gaspreise mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 80 Prozent zu niedrigeren Preisen als dem Erwartungswert führen. Das linke und rechte Ende der Verteilungskurve sind zudem nicht symmetrisch. Bei hohen Gaspreisen und kalter Witterung neigt der Preis zu größeren Steigerungen als im umgekehrten Fall. Eine Abweichung um mehr als +/- 40 EUR/MWh scheint aus heutiger Sicht hingegen unwahrscheinlich.

Fazit: Nutzen von Szenarioschwarmanalysen für EE-Vermarktung

Wie im oben beschriebenen Beispiel zu sehen, lässt sich der Effekt einzelner Parameter auf die Häufigkeitsverteilung erwarteter Strompreise mithilfe von Szenarioschwarmanalysen quantifizieren. Diese Daten unterstützen einerseits die Entscheidung, ob und unter welchen Umständen die EE-Marktwerte besser heute eingeloggt werden sollten oder die sonst übliche Spotvermarktung günstiger ist. Außerdem können Szenarioschwarmanalysen bei der Entscheidung unterstützen, ob ein Wechsel in die sonstige Direktvermarktung ratsam ist. In der sonstigen Direktvermarktung erhalten Anlagenbetreiber einen Herkunftsnachweis, jedoch auch bei fallenden Marktwerten keine Marktprämie mehr. Szenarioschwarmanalysen zeigen auf, wie wahrscheinlich es ist, dass die Marktwerte wieder unter den anzulegenden Wert fallen. Bei einer kleinen bis mittleren Änderung des Preisniveaus können die Schwarmszenarien neu ausgewertet werden und verlieren erst bei fundamentalen Änderungen merklich an Aussagekraft.

Sie interessieren sich für eine Modellierung mit Szenarioschwärmen und wünschen sich weiterführende Informationen? Auf unserer Website finden Sie weiterführende Informationen über Szenarioschwarmanalysen.

* Diese Grafik dient der Veranschaulichung. Genaue Angaben und Beschriftungen sind in der konkreten Szenarioschwarmanalyse vorhanden.

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Energiemarkt-Rückblick Oktober 2021

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Neben dem Switch von Gas zu Kohle auch ein Switch zu Öl

Aufgrund der hohen Gaspreise wurde in den letzten Monaten verstärkt Kohle statt Gas zur Stromerzeugung eingesetzt. Durch den Anstieg der Kohleverstromung und Schwierigkeiten in der globalen Lieferkette stieg jedoch der Preis auch für Kohle. Die Situation an den Commodity-Märkten führte teilweise sogar dazu, dass anstelle von Gas vermehrt Öl im Energiesektor und in der Industrie zum Einsatz kam. Dies sei laut internationaler Energieagentur Reuters so noch nicht vorgekommen. Denn bis jetzt lagen die Bemühungen des Marktes immer darin vom teureren Öl zum billigeren Gas zu wechseln (Quelle: Reuters).

So begann auch einer der größten deutschen Energieversorger, EnBW, in seinen Gasturbinen des Heizkraftwerks Altbach/Deizisau Öl statt Gas zu verfeuern. Der Betrieb mit Öl sei dabei einfach wirtschaftlicher gewesen als mit Gas, so die Sprecherin. Da die drei Turbinen in Altbach nicht nur für Erdgas-, sondern auch für Ölbetrieb ausgelegt sind, stellte der Rohstoffwechsel technisch kein Problem dar (Quelle: Montel).

Unterschiedliche Handhabung bei den Energieversorgern

Dabei herrschte bei Energieversorgern, die technisch dieselbe Möglichkeit gehabt hätten, lange keine Einstimmigkeit. Während manche den Switch zu Öl ebenfalls bevorzugten, wie beispielsweise die Leipziger Stadtwerke, erfüllten andere ihre Lieferpflichten weiterhin mit dem Einsatz von Gas.

Wiederum andere, wie die Regionalversorger in Duisburg und Jena, haben die Möglichkeit der Verfeuerung von Öl in Hinblick auf den Klimaschutz längst zurück gebaut (Quelle: Montel). Wirtschaftlich möge der Switch günstiger gewesen sein, für die CO2-Bilanz war er das sicherlich nicht. Der Emissionsfaktor von schwerem Heizöl mit 79,4 kg CO2/TJ oder anderen Erdölprodukten mit 80,102 kg CO2/TJ ist deutlich größer als der von Erdgas mit 55,75 kg CO2/TJ (Quelle: Umweltbundesamt).

Entwicklungen in der Industrie

Dennoch war neben dem Energiesektor auch in der Industrie der Switch zu Heizöl erkennbar. Einige Prognosen haben demnach ihre Voraussage des globalen Erdölverbrauchs um mehrere hunderttausend Barrel pro Tag (bpd) erhöht (Quelle: Reuters). Saudi-Arabiens Energieminister prognostizierte eine um 500.000–600. 000 bpd erhöhte Nachfrage durch den Switch. (Quelle: Reuters) Laut dem Unternehmen ITHS Markit wird die Substitution von Gas durch Öl in Europa aus Gründen der Klimabemühungen geringe Ausmaße haben, während sie in Asien viel stärker zu sehen sein wird (Quelle: IHS Markit).

Folgende Grafik stellt die stetig damit verbundene steigende Ölnachfrage in 2021 mit einer Prognose für 2022 dar. Als Folge dessen und der allgemein hohen Preise am Energiemarkt kletterten auch die Ölpreise im dritten Quartal 2021 nach oben. Sie stiegen relativ stark an, nachdem OPEC+ verkündete, ihre Förderung für die nächsten Monate trotz ständiger Aufforderung anderer Länder nicht mehr als nach bisherigem Plan um nur 0,4 m bbl/Tag pro Monat zu erhöhen. Trotz Bemühungen der USA und Japans die weltweite Produktion zu erhöhen, bleibt die Lage am Ölmarkt angespannt (Quellen: Montel).

vierteljährliche globale Produktion und Verbrauch von flüssigen Brennstoffen in tausend Barrel pro Tag

Abbildung 1: vierteljährliche globale Produktion und Verbrauch von flüssigen Brennstoffen in tausend Barrel pro Tag (Quelle: Montel)

EEG-Umlage: Wie geht es weiter?

Am 15. Oktober 2021 verkündeten die Übertragungsnetzbetreiber die Höhe der EEG-Umlage für das kommende Jahr 2022. Diese soll ab Januar 2022 von 6,5 ct/kWh auf 3,723 ct/kWh sinken. Das entspricht einer Minderung um knapp 43 Prozent. Wie in Abbildung 2 zu sehen ist, erreicht die Umlage somit das niedrigste Niveau der letzten zehn Jahre (Quelle: BMWi).

 jährliche Entwicklung der EEG-Umlage und EEG-Strommenge seit 2010

Abbildung 2: jährliche Entwicklung der EEG-Umlage und EEG-Strommenge seit 2010 (Quelle: BMWi)

Eigentlich war letztes Jahr noch von einer Senkung um nur 7,7 Prozent für das Jahr 2022 auf 6 ct/kWh die Rede. Damals wurde diese Zahl jedoch auf Basis eines negativen Umlagekontos und einer fehlenden Aussicht auf dessen Erholung festgelegt. Nun befindet sich das Umlagekonto nach insgesamt drei Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt in 2021 auf seinem Höchststand von 8 Mrd. EUR. Die Zuschüsse wurden teilweise aus den Einnahmen der nationalen CO2-Bepreisung finanziert, hauptsächlich haben die Steuerzahler sie getragen.

Im Jahr 2021 betrugen die Zuschüsse genau 10,8 Mrd. EUR. Zusätzlich zu dem aktuell hohen EEG-Kontostand haben aber auch die hohen Börsenstrompreise der letzten Monate dazu beigetragen. Der Differenzbetrag zwischen Markterlösen und Förderhöhe von erneuerbaren Energien, welcher die EEG-Umlage ausmacht, wurde durch die hohen Marktwerte sehr klein und somit das EEG-Konto weniger belastet.

Für nächstes Jahr sind jedenfalls Zuschüsse aus dem Bund von 3,25 Mrd. EUR geplant. Diese sollen zu einer Senkung von 0,934 ct/kWh beitragen (Quelle: Montel). Viele Stimmen erheben sich mittlerweile jedoch, die r EEG-Umlage vollkommen abzuschaffen. Sie wird seit Langem als Träger der hohen Stromkosten gesehen. Selbst der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) meinte, diese solle in Zukunft auf null gesenkt werden. Allein die jetzige Senkung trägt zu einem Preisnachlass von 11 Prozent in Bezug auf den jetzigen durchschnittlichen, hohen Strompreis von 31,38 ct/kWh (Stand Oktober 2021) bei.

EU-Kommission stellt „Toolbox“ vor

 Am 13. Oktober 2021 stellte die EU-Energiekommissarin Kadri Simson eine „Toolbox“ der EU-Kommission vor. Diese enthält verschiedene Instrumente, die die Staaten nutzen können, um den Auswirkungen der stetig steigenden Energiepreise entgegenzuwirken. Enthalten sind viele verschiedene kurz- und mittelfristige Maßnahmen, wie beispielsweise Haushalte und kleine Unternehmen zu entlasten. Finanziert werden könnte dies aus den Einnahmen des Emissionshandelssystems. Aufgrund der stark gestiegenen Zertifikatspreise konnten im ersten Halbjahr bereits 2,4 Mrd. EUR eingesammelt werden. Denkbar ist, dass bis Jahresende der Rekord von 3,2 Mrd. EUR aus dem Jahr 2019 vermutlich übertroffen wird (Quelle: Montel).

Abbildung 3 enthält einige Vorschläge der Toolbox. Beispielsweise gehören dazu Vorkehrungen, um ein Abschalten der Energieversorgung für Haushalte zu verhindern oder die Genehmigung eines vorübergehenden Zahlungsaufschubs. Eine weitere kurzfristige Maßnahme ist Steuererleichterung (Ermäßigung oder gänzliche Befreiung), um Verbraucher zu entlasten. Allerdings betonen die verantwortlichen EU-Politiker:innen, dass die Maßnahmen nur vorübergehend angewandt werden sollen.

Toolbox der EU-Kommission

Abbildung 3: Toolbox der EU-Kommission (Quelle: Europäische Kommission)

Als mittelfristige Maßnahmen wird eine verstärkte Zusammenarbeit auf dem Gasmarkt vorgeschlagen. Es soll geprüft werden, ob eine gemeinsame Lagerung strategischer Gasreserven möglich ist. Außerdem hat die EU-Kommission eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ziel es ist, eine genauere Betrachtung des europäischen Strommarkts zu liefern.

Ergebnisse könnten im Dezember bereits in den Gesetzesvorschlag einfließen. Überdies sollten die Mitgliedsstaaten, laut Toolbox, mehr in erneuerbare Energien, die Gebäuderenovierung und Energieeffizienz investieren und die Auktionen und Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien beschleunigen (Quellen: Zeit, Europäische Kommission).

Trotz der aktuell hohen Commodity-Preise lehnten die skandinavischen Länder sowie Deutschland und die Beneluxstaaten Eingriffe in die Energiemärkte oder ins europäische Emissionshandelssystem ab. Trotzdem waren sich alle EU-Staaten einig, einkommensschwache Haushalte unterstützen zu wollen (Quelle: Montel).

Neue Rekorde nach “Panikkäufen”

Am 6. Oktober 2021 stieg der Frontjahreskontrakt Strom für wenige Stunden auf ein Allzeithoch von 179 EUR/MWh. Auch der Frontmonat schoss bis auf 350 EUR/MWh, fiel dann aber wieder. Die hohen Preise sind auf einen Anstieg der Spark-Spreads zurückzuführen, der durch die preissetzenden Gaskraftwerke derzeit maßgeblich für Terminkontrakte ist.

Außerdem haben Versorgungsängste aufgrund niedriger Füllstände und vorhergesagter kalter Temperaturen Panikkäufe ausgelöst. Auch der niederländische TTF-Frontmonatskontrakt für Erdgas verbuchte einen neuen Rekord von 162,13 EUR/MWh. Ebenso stieg der CO2-Leitkontrakt EUA Dec 21 zunächst auf 65,05 EUR/t, fiel anschließend aber wieder ab auf 60 EUR/t (Quellen: Montel).

prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (rote Linie), der Ölsorte Brent mit Lieferung im April 2022 (orangenfarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (grüne Linie) und des Frontjahrs Kohle (gelbe Linie) von Mitte August bis Ende Oktober 2021

Abbildung 4: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (rote Linie), der Ölsorte Brent mit Lieferung im April 2022 (orangenfarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (grüne Linie) und des Frontjahrs Kohle (gelbe Linie) von Mitte August bis Ende Oktober 2021 (Quelle: Montel).

Ende Oktober stabilisierten sich die Gaspreise aufgrund der Entspannung der Gasverknappung. Dazu führte unter anderem, dass China eigene LNG-Mengen für andere Märkte freigegeben haben durch eine höhere Kohleproduktion. Darüber hinaus hat Wladimir Putin angekündigt, die Gaslieferungen von Gazprom ab dem 8. November 2021 zu erhöhen.

Der Füllstand der deutschen Gasspeicher liegt aktuell bei 71 Prozent, wobei im vergangenen Jahr der Füllstand zu dieser Zeit bereits 94 Prozent betrug. Der europäische Speicher ist zu 77 Prozent gefüllt (Vergleich dazu: 2020 Füllstand bei 94 Prozent). Die niedrigen Füllstände sind ein weiterer Grund für die konstant hohen Gaspreise sowie eine um 12 Prozent erhöhte Gasnachfrage im Vergleich zu 2020. (Quellen: Montel).

Lernen Sie mehr über die Techniken der Strompreisprognose in unserem Live-Online-Training „Techniken der Strompreisprognose“ am 1. und 2. Dezember 2021.

Überdurchschnittlich hohe Einspeisung von erneuerbaren Energien

Der Anteil der Solarstromerzeugung verzeichnete im Oktober 2021 einen neuen Rekord von 3,6 TWh und lag damit 50 Prozent über dem Vorjahreswert. Darüber hinaus ist der neue Höchststand auch auf die 400 MW neu installierte Photovoltaik-Leistung im Oktober zurückzuführen.

Weitere 13,3 TWh wurden durch Windkraft erzeugt. Der Beitrag der Wind- und Solarerzeugung lag mit 16,9 TWh über dem der Stein-, Braunkohle und Gas gemeinsam (16,4 TWh). Insgesamt lag der durchschnittliche Anteil aller Erneuerbaren an der Nettostromerzeugung im Oktober bei 50,3 Prozent und damit leicht über dem diesjährigen Jahresdurchschnitt (Quelle: Montel).

Vor dem Hintergrund niedriger Prognosen der Windeinspeisung für den 6. Oktober stieg der Day-Ahead-Kontrakt in der Börsenauktion der Grundlast auf ein neues Allzeithoch von 303 EUR/MWh. Damit lag der Preis 118 EUR über dem Vortag und 1 EUR über dem bisherigen Rekord aus 2006. Der Spitzenlastkontrakt kam auf 325 EUR/MWh mit 101 EUR mehr als am Vortag allerdings weit unter dem Rekord aus 2006 (Quelle: Montel).

Auf den Kurzfristmärkten fiel der EUA-Kontrakt auf ein Zwei-Monatstief von 54 EUR/t. Kurz darauf kletterte er auf ein Intraday-Hoch von 60 EUR/t. Verursacht wurden die niedrigen Preise unter anderem durch die Diskussion über mögliche Markteingriffe der EU zur Begrenzung der Energiepreise (Quelle: Montel).

In Abbildung 5 sind die Stromerzeugung und der Verbrauch im Oktober 2021 dargestellt.

Stromerzeugung und Verbrauch im Oktober 2021 in Deutschland

Abbildung 5: Stromerzeugung und Verbrauch im Oktober 2021 in Deutschland (Quelle: Energy Brainpool)

Hier geht’s zum >> Energiemarkt-Rückblick September 2021.

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Energiemärkte zwischen Klimaschutz und Preisrally: ein Rückblick auf das Jahr 2021

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Seit Ende 2020 stiegen die Zertifikatspreise für CO2 im europäischen Emissionshandelssystem (EU ETS) stetig an. Ein Grund lag in der verbesserten wirtschaftlichen Lage nach den weltweiten Corona-Lockdowns im Jahr 2020. Weiterhin haben die politischen Akteure bekannt gegeben, das europäische Klimaziel von 40 auf 55 Prozent Treibhausgasemissionen in 2030 gegenüber 1990 zu verschärfen. Diese Verkündigung ließ die CO2-Preise im ersten Quartal 2021 auf beinahe 50 EUR/Tonne steigen.

Klimaschutzpläne treiben CO2-Märkte an

Der Markt nahm hierbei schon vorweg, was die EU Kommission am 14. Juli 2021 veröffentlicht hat. Konkret geht es um das „Fit for 55“ Paket, welches die Klimaschutzanstrengungen der EU bis 2030 deutlich nach oben korrigierte. Eine Verknappung der Zertifikate im EU ETS, die Integration des Schiffsverkehrs als auch die Einrichtung eines neuen EU ETS für Gebäude und Straßenverkehr bewegten die Energie- und Klimaexperten. Lesen Sie hierzu unsere Analysen zum Fit for 55 Paket im Detail (Teil I und Teil II). Abbildung 1 stellt die Entwicklung der CO2-Zertifikatspreise von Anfang 2021 bis Anfang Dezember 2021 (erstmalig über 75 EUR/Tonne) dar.

EUA-Preise im Verlauf von Januar bis Anfang Dezember 2021 in EUR/Tonne (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 1: EUA-Preise im Verlauf von Januar bis Anfang Dezember 2021 in EUR/Tonne (Quelle: Energy Brainpool)

Gegen Ende des Jahres spielten beim CO2-Preis jedoch weniger die langfristigen Preiserwartungen eine Rolle aufgrund der neuen Klimaziele. Vielmehr stiegen die Zertifikatspreise mit den Preisen für Gas und Kohle.

Jedoch nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch in Deutschland hat die Exekutive ambitioniertere Pläne vorgelegt. So hat die Große Koalition im Mai 2021 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stärkere Klimaschutzpfade für die unterschiedlichen Sektoren im neuen Klimaschutzgesetz definiert. Nach unseren Berechnungen müssten für die Zielerreichung von 65 Prozent Emissionen in 2030 im Vergleich zu 1990 sehr viel mehr Erneuerbare zugebaut werden und gleichzeitig der Kohleausstieg in Teilen auf 2030 vorgezogen werden.

Steigender Energieverbrauch und schwache Erneuerbare

Die wirtschaftliche Erholung im Jahr 2021 führte zusammen mit einer kalten Witterung besonders in den ersten fünf Monaten des Jahres zu einem steigenden Energieverbrauch. So prognostiziert die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen ein Wachstum des Primärenergieverbrauchs von knapp 3 Prozent für das gesamte Jahr 2021.

Besonders der Gas- und Kohleverbrauch stieg zumindest in den ersten neun Monaten des Jahres um 8,5 bzw. über 20 Prozent. Nicht zuletzt war ein geringeres Dargebot an Windenergie über den Jahresverlauf Ursache hierfür. Die prozentualen Änderungen der unterschiedlichen Energieträger im Vergleich zu den ersten drei Quartalen 2020 sind in Abbildung 2 zu sehen.

Entwicklung des Primärenergieverbrauchs nach Technologie in Prozent Q1–Q3 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 2: Entwicklung des Primärenergieverbrauchs nach Technologie in Prozent Q1–Q3 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (Quelle: Energy Brainpool)

Dementsprechend werden die energiebedingten Emissionen Deutschland im Vergleich zu 2020 um etwa 4 Prozent ansteigen. Die Verbrauchswerte von 2021 liegen jedoch immer noch unter den Werten des Vor-Corona-Jahres 2019. Größere Änderungen für die Stromerzeugung werden sich für das nächste Jahr vor allem aus der Stilllegung von drei Kernkraftwerken mit einer Leistung von über 4 GW Ende 2021 ergeben.

Knappe Energierohstoffe verursachen Rekordpreise

Während die Preise für Kohle und Gas an den Weltmärkten zu Beginn 2021 noch auf moderatem Niveau verharrten, ging es anschließend stetig nach oben. Der Rückgang von Corona-Maßnahmen beflügelte die Wirtschaft weltweit und ließ auch die Nachfrage nach fossilen Rohstoffen ansteigen.

Ab September 2021 kannten die Preise jedoch kein Halten mehr. Der Monatsreferenzpreis für Erdgas in Europa am TTF-Handelspunkt erreichte über 120 EUR/MWh. Währenddessen stiegen die Kohlepreise auf über 250 USD/Tonne. Steigende Erdgasnachfrage in Asien führt zu weniger LNG-Lieferungen für Europa, während die Kohlepreise aufgrund der hohen chinesischen Strom- und somit Kohlenachfrage neue Rekorde verzeichneten.

Wir haben die Ursachen und Entwicklungen für die Auswüchse an den Commodity-Märkten in 2021 in zwei Blogbeiträgen genauer betrachtet: einerseits im Beitrag „Trends in der Stromerzeugung: Backswitch von Gas zu Kohle?“ und andererseits im Beitrag „Preisrallye an den Energiemärkten“. Abbildung 3 zeigt den Verlauf der Preise von Anfang 2021 bis Ende November für die unterschiedlichen Commodities.

prozentuale Preisentwicklung des deutschen Frontjahres Base 2022 (candle sticks), des Gasfrontjahres am TTF 2022 (hellgrüne Linie), der CO2-Zertifikatspreise für Dezember 2022 (orangenfarbene Linie) und der API2 Kohlepreise für 2022 (rote Linie) von Anfang 2021 bis Ende November 2021 (Quelle: Montel)

Abbildung 3: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Frontjahres Base 2022 (candle sticks), des Gasfrontjahres am TTF 2022 (hellgrüne Linie), der CO2-Zertifikatspreise für Dezember 2022 (orangenfarbene Linie) und der API2 Kohlepreise für 2022 (rote Linie) von Anfang 2021 bis Ende November 2021 (Quelle: Montel)

Die sehr hochpreisige Situation von Anfang Oktober 2021 hat sich bis Ende des Jahres wieder etwas beruhigt. Dennoch zeigen die Preisbewegungen immer noch hohe Schwankungen. Die Extremsituation rund um die Commodity-Preise im Herbst und Winter 2021 wird sicherlich in den kommenden Monaten noch für weitreichende Diskussionen um Versorgungssicherheit, die Zulassung der Gaspipeline Nord Stream 2 und die Beschaffungsstrategien von Energieversorgern führen.

Was bewegt die Märkte in 2022?

Die große Volatilität und die Rekordpreise im Jahr 2021 werden die Marktteilnehmer noch einige Zeit beschäftigen. Beschaffungsstrategien und Risikohandbücher werden im Umgang mit einem stetig veränderlichen Marktumfeld wichtiger. Die hohen Strompreise dürften erneuerbaren PPAs weiter auf die Sprünge helfen, da sie verlässliche Preise und grünen Zusatznutzen verbinden. Absicherung von langfristigen PPAs, aber auch der Wechsel zwischen Vermarktungsmodellen für erneuerbare Energien dürfte im Anbetracht der hohen Marktwerte an Bedeutung gewinnen.

Die neue Koalition aus SPD, Grünen und FDP wird im kommenden Jahr eine Reihe von wichtigen Bausteinen auf den Weg bringen (Quelle: Koalitionsvertrag):

  • die drastische Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien (2 Prozent der Landesfläche für Onshore Wind, 200 GW PV und 30 GW Offshore Wind bis 2030)
  • der Umgang mit Kohleausstieg und Kapazitäten für Gaskraftwerke (Kohle-Aus bis 2030 und Überprüfung von Kapazitätsmechanismen)
  • die Weiterentwicklung und Harmonisierung der Klimaschutzziele mit den Vorgaben und Systemen auf EU-Ebene (80 Prozent erneuerbarer Strom bis 2030, Mindestpreis für CO2)

Es bleibt also auch im nächsten Jahr spannend an den Energiemärkten. Wir freuen uns, Sie weiterhin begleiten und unterstützen zu können.

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Energiemarkt-Rückblick Januar 2022

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Robert Habeck legt die Eröffnungsbilanz zum Klimaschutz vor

Bei der Eröffnungsbilanz des Ministeriums für Klimaschutz am 11. Januar 2022 leitete der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck seine Rede wie folgt ein: „Wir starten mit einem drastischen Rückstand. Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen sind in allen Sektoren unzureichend. Es ist absehbar, dass die Klimaziele der Jahre 2022 und 2023 verfehlt werden”. Deshalb ist eine Reihe von Maßnahmen notwendig, um dem entgegenzusteuern. Die dafür notwendigen Ausbaupfade für Wind und PV zeigt Abbildung 1. Das erste Gesetzespaket soll im Kabinett bereits im April verabschiedet werden (Quelle: BMWI).

Entwicklung und Ausblick auf die Ausbaupfade Wind auf Land, Wind auf See und Photovoltaik (Quelle: Energy Brainpool nach AGEE-Stat – Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistiken, 2022 [1] )

Abbildung 1: Entwicklung und Ausblick auf die Ausbaupfade Wind auf Land, Wind auf See und Photovoltaik (Quelle: Energy Brainpool nach AGEE-Stat – Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistiken, 2022 [1] )

Diese Sofortmaßnahmen möchte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zeitnah durchsetzen (Quelle: BMWI):
  • EEG-Novelle: Die Ausschreibungsmengen werden erhöht, um das Ziel von 80 Prozent Grünstrom bis 2030 zu erreichen. Ausgangspunkt ist ein Bruttostromverbrauch von 715 TWh.
  • Solarenergie: Das Solarbeschleunigungspaket, ein Bündel aus Einzelmaßnahmen, soll dazu dienen, Solarenergie voranzutreiben. Mitinbegriffen sind unter anderem bessere Fördersätze für neue PV-Anlagen, höhere Ausschreibungsvolumina und eine Photovoltaik-Pflicht im Gewerbe, um in Zukunft so viele Dachflächen wie möglich für Solarenergie zu nutzen.
  • Windenergie: Bei der Windenergie ist vorgesehen, den Ausbauprozess mit einem Wind-an-Land-Gesetz zu beschleunigen. Hierfür ist eine Fläche von zwei Prozent ausschließlich für Windenergie angedacht. Dies entspricht dem Vierfachen der bisherigen Fläche.
  • Senkung des Strompreises: Ab 2023 soll die EEG-Umlage über den Bundeshaushalt finanziert werden. Ziel ist es, Verbraucher:innen mit den Stromkosten zu entlasten.
  • Klimaschutzverträge mit der Industrie: Fokus sind die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für sogenannte Klimaschutzdifferenzverträge („Carbon Contracts for Difference“). Verlässliche Förder- und Investitionsrahmen sollen die Planungssicherheit von Unternehmen erhöhen.
  • Wärmestrategie: Ziel ist es, 50 Prozent der Wärme bis 2030 klimaneutral zu erzeugen. Unter anderem wird dafür das Gebäudeneergiegesetz überarbeitet, sodass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben wird.
  • Wasserstoffstrategie: Die Ampelkoalition möchte das nationale Ausbauziel von Wasserstoff für 2030 von 5.000 auf 10.000 MW zu erhöhen. Um den Markthochlauf von Wasserstoff zu begünstigen, soll die nationale Wasserstoffstrategie noch in diesem Jahr angepasst und zusätzliche Förderprogramme eingerichtet werden.

Gespaltene Meinungen zur EU-Taxonomie

Am 31. Dezember 2021 stellte die EU-Kommission ein Konzept vor, welches Erdgas und Kernenergie künftig in der EU-Taxonomie als nachhaltige Investition einordnet. Damit wird sichergestellt, dass Anleger bei Investitionen in umweltfreundliche Projekte nun auch von der gleichen Grundlage ausgehen können (Quelle: EU-Kommission).

Die 27 EU-Mitgliedstaaten hatten zunächst bis zum 12. Januar, nach einer Verlängerung bis zum 21. Januar Zeit, auf den Entwurf zu reagieren und Stellung zu beziehen. Während Deutschland ein klares „Nein“ zur Atomkraft äußert, ist die Meinung zu Gas gespalten. Die Bundesregierung bezeichnet sie als „Brückentechnologie“, welche Übergangsweise und unter bestimmten Voraussetzungen der richtige Weg ist, um dem CO2-Ausstoß zu senken und den Kohleausstieg möglich zu machen. Zahlreiche Klimaschutzorganisationen in Deutschland appellierten an die Koalition, beide Energieträger als nicht umweltfreundlich einzustufen, da damit falsche Signale gesendet werden und die Energiewende somit bedroht wird (Quelle: tagesschau).

Da es sich um einen delegierten Rechtsakt handelt, tritt er ohne Widerspruch automatisch in Kraft. Das heißt, dass entweder das EU-Parlament oder der Ministerrat, das Gremium der Mitgliedstaaten, innerhalb von vier bis sechs Monaten Einspruch einlegen müssen. Das ist derzeit ziemlich unrealistisch, da von 27 Regierungen 20 gegen den Entwurf stimmen müssten. Elf europäische Staaten, darunter Frankreich und Polen, befürworten den Entwurf der EU-Kommission. Ein Scheitern im EU-Parlament ist nicht zu erwarten (Quelle: energate-messenger).

Lesen Sie mehr zu diesem Thema in dem Blogbeitrag „Kernkraft und Erdgas in der EU-Taxonomie: Worum geht es?“.

Gesetzesreform zum Schutz von Stromkunden in Planung

Die Bundesregierung plant derzeit eine Gesetzesreform des Energiewirtschaftsgesetzes, um Verbraucher:innen vor kurzfristigen Kündigungen von Strom- und Gasverträgen durch „Billiganbieter“ zu schützen. Wie in Abbildung 2 zu sehen ist, ist der Strompreis 2021 besonders gegen Ende des Jahres gestiegen und liegt momentan bei 40,46 ct/kWh. Infolge der gestiegenen Strompreise haben einige Billiganbieter tausende Verträge kündigen müssen, da sie ihre Verträge mit der Spekulation nach niedrigen Preisen an der Strombörse ausgerichtet haben. Somit sind die gekündigten Strom- und Gaskunden in die Grundversorgung gefallen, die um einiges teurer ist als ein regulärer Vertrag. Mit der Gesetzesreform sollen Verbraucher:innen durch klare Ankündigungsfristen geschützt und die Grundversorgung besser geregelt werden (Quelle: Handelsblatt).

Das Bundeswirtschaftsministerium plant neben einer längeren Kündigungsfrist einen einheitlichen Tarif in der Grundversorgung. Neukund:innen sollen im Vergleich zu Bestandskund:innen mehr zahlen. Einer Untersuchung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) nach müssen Neukund:innen derzeit zwischen 889 und 1654 Euro im Jahr mehr zahlen (Quelle: Handelsblatt).

Durchschnittlicher Strompreis bei einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh in ct/kWh (Quelle: Energy Brainpool nach Verivox- Verbraucherpreisindex, 2022 [2])

Abbildung 2: Durchschnittlicher Strompreis bei einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh in ct/kWh (Quelle: Energy Brainpool nach Verivox- Verbraucherpreisindex, 2022 [2] )

Gemischte Bewegungen auf dem Gasmarkt

Nachdem der Gaspreis Ende letzten Jahres auf einem Abwärtstrend war, hat er sich Anfang des Monats erholt. Aufgrund einer verbesserten LNG-Versorgung ist der Preis jedoch kurz darauf eingebrochen. Die LNG-Ausspeicherungen markieren diese Woche ein neues Allzeithoch bei knapp 4.400 GWh/Tag (im Vormonat 2.500 GWh/Tag). Das extrem hohe LNG-Angebot sorgt für etwas Entspannung an den Gashandelsmärkten. Doch die drohenden Versorgungsunterbrechungen durch den Grenzkonflikt zwischen Ukraine und Russland beflügeln den Gaspreis, der sich auf einem Aufwärtstrend befindet (Quelle: Montel).

Das Strom Frontjahr hat Mitte des Monats auf den Preisrückgang der anderen Commodities reagiert, doch der feste Gaspreis gibt dem Strompreis gegen Ende des Monats entsprechend Auftrieb und der Strom Frontmonat konnte die 200-Euro-Marke wieder zurückerobern. Der Frontmonat war seit November erstmalig unter die Marke gefallen (Quelle: energate-messenger).

Nach einem Preisrückgang des EUA-Leitkontrakts bis auf 77,55 EUR/t CO2 erzielte der EUA-Preis Ende Januar 90 Euro/t CO2 und steuert derzeit auf ein Allzeithoch zu. Das Rekordhoch wurde erst letzten Monat am 8. Dezember 2021 erzielt mit 91,19 Euro/t CO2 (Quelle: Montel).

Der Preis für die Rohölsorte Brent hat den höchsten Stand seit drei Jahren erreicht. Ein Grund hierfür ist unter anderem, dass die Omikron-Variante mildere Auswirkungen hat, als bisher befürchtet. Der Frontmonat handelte bei ungefähr 90 USD/bbl und liegt damit ungefähr auf dem Niveau vor der Pandemie (Quelle: Montel).

Prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangenfarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (rote Linie) und des Frontjahrs Kohle (grüne Linie) von Ende Dezember 2021 bis Anfang Februar 2022 (Quelle: Montel, 2022 [3])

Abbildung 3: Prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangenfarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (rote Linie) und des Frontjahrs Kohle (grüne Linie) von Ende Dezember 2021 bis Anfang Februar 2022 (Quelle: Montel, 2022 [3] )

Wenige Sonnenstunden, dafür viel Wind

Der Anteil an erneuerbaren Energien lag im Januar 2022 mit durchschnittlich 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (37 Prozent) höher. Für den Rest des Winters sind eher mildere Temperaturen und windigeres Wetter angekündigt, was den Druck auf die Gaspreise senken sollte (Quelle: Montel). Über den Monat hinweg gab es eine geringe Solareinspeisung, sodass sich die Solarenergie mit 0,84 TWh im Januar auf niedrigstem Niveau bewegte. Die Windeinspeisung fluktuierte über den Monat stark. Sie bewegte sich zwischen 1,44 GW und 43, 47 GW. Generell lag die Windeinspeisung mit 12,34 TWh auf einem hohen Niveau und entspricht ungefähr der Windeinspeisung der vergangenen Monate (Quelle: Energy-Charts).

Stromerzeugung und Verbrauch im Januar 2022 in Deutschland (Quelle: Energy Charts, 2022 [4] )

Abbildung 4: Stromerzeugung und Verbrauch im Januar 2022 in Deutschland (Quelle: Energy Charts, 2022 [4] )

Abbildungs-Quellen:

[1] https://www.erneuerbare-energien.de/EE/Navigation/DE/Service/Erneuerbare_Energien_in_Zahlen/Arbeitsgruppe/arbeitsgruppe_ee.html

[2] https://www.verivox.de/strom/verbraucheratlas/strompreise-deutschland/

[3] https://www.montelnews.com/

[4] https://energy-charts.info/charts/power/chart.htm?l=de&c=DE&stacking=stacked_absolute_area&interval=month&download-format=image%2Fpng

 

Hier geht es zum >> Energiemarkt Rückblick Dezember 2021

Der Beitrag Energiemarkt-Rückblick Januar 2022 erschien zuerst auf Energy BrainBlog.

Neues Strommarktszenario: Steht die Koalitions-Ampel auf rot, gelb oder grün?

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Die angedachten Änderungen wirken sich potentiell sehr stark auf den Strommarkt aus. Der Großhandelsstrompreis sinkt, Phasen der Vollversorgung aus erneuerbaren Energien nehmen zu, gleichzeitig steigt der Bedarf an Gaskraftwerken, Wasserstoff und Strom. Das Energy Brainpool-Analyseteam bewertet die potenziellen wirtschaftlichen Auswirkungen des Koalitionsvertrags zunächst in Form einer Szenariosensitivität. In diesem Blogbeitrag stellen wir einige Ergebnisse vor.

Einmal Kohleausstieg bitte, idealerweise bis 2030

Derzeit bieten Kohlekraftwerke eine Leistung von 34,4 Gigawatt (GW) am Strommarkt an [1]. Sollen diese bis 2030 aus dem Markt ausscheiden, muss ein Teil ihrer steuerbaren Leistung ersetzt werden. Bis 2024 kommen zu der derzeitigen Gaskraftwerkskapazität von 28,6 GW voraussichtlich noch 2,9 GW hinzu. Hier berücksichtigen wir nur die Kraftwerke, die ihre Leistung am Strommarkt anbieten werden.

Gaskraftwerksneubauten dauern rund zwei Jahre Planungszeit und zwei Jahre Bauzeit. Eine Genehmigung vorausgesetzt, ist der zusätzliche Zubau technisch machbar, wenn er denn wirtschaftlich ist.

Aus drei Gründen ist es nicht notwendig, alle stillgelegten Kohle- und Kernkraft-Kraftwerksleistungen 1:1 zu ersetzen. Erstens wird es einen verstärkten europäischen Stromaustausch geben, zweitens gibt es zwar nunmehr geringe, noch vorhandene europäische Kraftwerksüberkapazitäten und drittens wird die Stromnachfrage verstärkt flexibilisiert.

Ergebnisse der Modellierung

Berücksichtigen wir diese Faktoren, ergibt die stundenscharfe europäische Strommarktmodellierung von Energy Brainpool für 2030 einen Bruttoleistungsbedarf von 45,9 GW an Gaskraftwerken (+14,4 GW). Insbesondere ist der genaue Zahlenwert abhängig von

  • steuerbaren Kraftwerkskapazitäten der Nachbarländer,
  • dem Grad der Flexibilisierung der Stromnachfrage,
  • den Speicherkapazitäten,
  • sowie der Verfügbarkeit der europäischen Grenzkuppelkapazitäten.

Derzeit ist noch unklar, ob und wie dieser technisch notwendige Zubau energiepolitisch angereizt werden kann.

Besonders brisant ist eine geopolitische Auswirkung vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Energiepreiskrise. In unserem Szenario steigt die Stromerzeugung aus Erdgaskraftwerken von 2020 bis 2030 um 51 Prozent. Die Abhängigkeit der Stromerzeugung von Erdgasimporten erhöht sich also stark. Jedoch relativiert sich diese Zahl, wenn man bedenkt, dass die Stromerzeugung 2020 nur 14 Prozent der deutschen Gasnachfrage ausmachte [2].

200 (!) GW Photovoltaik

Zugegeben – als wir bei Energy Brainpool dieses Ziel im November 2021 das erste Mal sahen, waren wir überrascht ob der Höhe und Ambition. Unsere stundenscharfe Modellierung zeigt, dass der angestrebte Anteil an Solarstrom das Stromsystem zunehmend herausfordern wird. Die Mengen von PV-Strom, die in den Mittagsstunden zu negativen Strompreisen vermarktet werden müssten, steigen in unserer Berechnung auf bis zu 13 Prozent der Gesamterzeugung an. Nehmen wir in der Modellierung an, dass das Laden der 15 Millionen E-PKWs im Jahr 2030 nicht gesteuert erfolgt, so erhöht sich dieser Wert noch einmal drastisch.

Hierin liegt eine riesige derzeit ungelöste Herausforderung. Denn Deutschland kann nur bei einer Integration dieser Erzeugungsmengen einen Anteil von 80 Prozent erneuerbare Energien erreichen. Alternativ muss für jeden Prozentpunkt mittags abgeregelten Stroms gut ein Prozentpunkt zusätzliche PV-Leistung installiert werden.

Auch liegen die durchschnittlichen Vermarktungserlöse von Solarstrom im Jahr 2030 bereits 8,4 Prozent unterhalb derer von Windenergie an Land. Heute ist dies wohlgemerkt noch umgekehrt: Über das Jahr hinweg hat der Strom aus Solaranlagen einen höheren Börsenwert als der Strom aus Windkraftanlagen. Das liegt vor allem daran, dass bei Tageslicht der Stromverbrauch höher ist. Durch die stärkere Erhöhung des geplanten Solarzubaus im Vergleich zur Windkraft relativiert sich dieser Vorteil jedoch.

Über das Jahr hinweg beträgt der Anteil von Photovoltaikstrom in unserer Szenariorechnung im Jahr 2030 rund 26 Prozent. Da der Winter in Deutschland bekanntlich nicht sonnenverwöhnt ist, beträgt die durchschnittliche Einspeisung von Juni bis August rund den vierfachen Wert der Erzeugung von Dezember bis Februar.

Einblick in die Modellierung

Die folgende Abbildung zeigt das Stromsystem an vier Tagen im Spätsommer 2030 gemäß der stundenscharfen Strommarktmodellierung. Bei viel Sonne und Wind wird die inflexible Stromnachfrage um flexibilisierte Last (E-PKWs, Wärmepumpen, Elektrolyseure) ergänzt und Überschüsse werden exportiert. Wird Sonne und Wind knapp, springen zusätzliche Gaskraftwerke an und Importe decken einen Teil der Last. Auch Tage mit Übereinspeisung erneuerbarer Energien existieren.

In unserer modellierten Welt findet sich trotz negativer Strompreise, flexibler Stromnachfrage, Stromspeichern und Exporten in einigen Situationen kein Verbraucher mehr für einzelne Erzeugungslastspitzen.

Stündliche Erzeugungs- und Nachfragestruktur im modellierten Elektrizitätssystem an vier Tagen im Spätsommer 2030, Blogbeitrag Koalitionsvertrag

Abbildung 1: stündliche Erzeugungs- und Nachfragestruktur im modellierten Elektrizitätssystem an vier Tagen im Spätsommer 2030 (Quelle: Energy Brainpool)

Es wird kuschelig auf der Nordsee

Für die Windkraft auf See gibt es ein paar mehr Wegmarker im Koalitionsvertrag: „Die Kapazitäten für Windenergie auf See werden wir auf mindestens 30 GW in 2030, 40 GW in 2035 und 70 GW in 2045 erheblich steigern.“ [3]. Da die Windkraft auf See den Auslastungskönig unter den fluktuierenden erneuerbaren Energien darstellt, ist das für den Zeitraum nach 2030 ein richtiger Booster für die erneuerbare Stromerzeugung.

Die Realisierung einer installierten Windleistung von mehr als 40 GW vor allem auf der Nordsee geht mit der Überschreitung einer kritischen Leistungsdichte einher, also der Höhe der installierten Leistung von Windkraftanlagen je Fläche. Dies kann eine spürbare gegenseitige Verschattung der Anlagen hervorrufen. Wir gehen bisher davon aus, dass sich die durchschnittlichen Vollbenutzungsstunden von 2035 bis 2045 um 23 Prozent reduzieren, sehen aber noch weiteren Forschungsbedarf hierzu.

Wirtschaftlich kommen Windenergieanlagen im Vergleich zu den Solaranlagen mit einem blauen Auge davon. Die capture rate von Windenergie an Land reduziert sich im Szenariojahr 2030 „nur“ auf knapp 80 Prozent, bei der Windenergie auf See nur auf 87 Prozent. Dieser Wert gibt das Verhältnis des Börsenwertes des wetterabhängigen Erzeugungsprofils von Wind- oder Solaranlagen verglichen mit dem Börsenwert einer Grundlastlieferung an. Bei Solaranlagen hingegen fällt dieser Wert viel drastischer auf 71 Prozent.

Wir schaffen das (?)

In vielen Gesprächen haben uns Kunden gefragt, „ob das denn überhaupt noch realistisch sei?“. Unter der Maßgabe, 80 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien im Jahr 2030 zu erreichen bei gleichzeitiger Sektorenkopplung, ist das zumindest der aus unserer Sicht realistischste Schlachtplan.

Zunächst steigert eine EEG-Vergütungserhöhung oder Solarpflicht den Zubau von PV-Aufdachanlagen. Anschließend folgen größere Freiflächen-PV-Anlagen mit etwas längerer Planungszeit in einem Mix aus Ausschreibungen und großen PPA-finanzierten Projekten. Bei der Windkraft an Land steht und fällt der Plan mit der Flächenverfügbarkeit. Aus unserer Sicht braucht eine EEG-Anpassung und Regulierungsänderung mindestens vier Jahre Vorlauf, bis sich der jährliche Bruttozubau auf die Zielgerade einschwenkt. Zudem steht die Anpassung vor dem erhöhten Risiko, ob und wie lange Altanlagen weiter betrieben werden können. Mit einem zusätzlichen Zubau der Windenergie auf See rechnen wir erst zum Ende der Dekade. Hier muss eine ganze Industrie wiederbelebt werden, und sowohl Netzplanung als auch -ausbau werden noch viel Zeit in Anspruch nehmen.

Resümee

Alles in allem bewerten wir den Koalitionsvertrag als einen sehr ambitionierten, aber möglichen Plan. Die gute Nachricht für die Stromverbraucher: Geht der Plan auf, dann fällt der Großhandelsstrompreis deutlich trotz Kohleausstieg. Besonders mit zeitvariablen Tarifen für flexible Verbraucher und bei Stromverbräuchen im Sommer könnten künftig sehr niedrige Strombezugspreise realisiert werden.

Sie interessieren sich für aktuelle Trends in den Energiemärkten? Finden Sie im Energy Brainpool Seminarkalender das passende Training für Sie und Ihr Team.

Lesetipp: Unsere allgemeine Analyse zu den Ergebnissen und potenziellen Konfliktpunkten der energie- und klimapolitischen Agenda der zukünftigen deutschen Bundesregierung finden Sie hier.

 

 

[1] Kraftwerksliste Bundesnetzagentur (bundesweit; alle Netz- und Umspannebenen) Stand 15.11.2021

[2] BDEW: Entwicklung des Erdgasabsatzes in Deutschland, Stand 13.12.2021

[3] Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP 2021, S. 57

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Energiemarkt-Rückblick Februar 2022

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Abschaffung EEG-Umlage: erhoffte Entlastung für Verbraucher?

Im vergangenen Monat hatte die Bundesregierung bereits angekündigt, eine Gesetzesreform einzuleiten, um Verbraucher:innen vor gestiegenen Energiepreisen zu schützen. Laut dem Statistischen Bundesamt mussten Verbraucher:innen im Januar 2022 20,5 Prozent mehr für Energie bezahlen als im Jahr zuvor.

Deshalb hat die Bundesregierung bei einem Koalitionsgipfel am 23. Februar weitere Schritte eingeleitet und beschlossen die EEG-Umlage zum 1. Juli abzuschaffen. Damit soll der Endverbraucher sechs Monate früher als geplant entlastet werden. Die hohen Strompreise sind hauptsächlich auf hohe Gaspreise, hohe CO2-Abgaben und gestiegene Netzentgelte zurückzuführen (Quelle: energate-messenger). Wie in Abbildung 1 dargestellt, hat sich die EEG-Umlage seit 2014 über 6 ct/kWh bewegt und liegt erstmals darunter bei 3,723 ct/kWh.

Damit ist die Umlage um 43 Prozent gesunken (Quelle: netztransparenz). Die Abnahme ist zum einen auf die gestiegenen Börsenpreise und damit höheren Vermarktungserlösen der erneuerbaren Energieträger zurückzuführen. Zum anderen werden dem EEG-Konto seit 2021 die Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung gutgeschrieben. Diese beliefen sich 2021 auf 10,8 Mrd. Euro. In 2022 beläuft sich der Zuschuss auf 3,25 Mrd. Euro (Quelle: BMWI).

Laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) wird die Abschaffung der EEG-Umlage zu Entlastungen in Höhe von 6,6 Milliarden Euro führen. Ob die Vergünstigungen in diesem Umfang bei den Endverbraucher:innen ankommen, bleibt umstritten (Quelle: FAZ).

Entwicklung der EEG-Umlage von 2010 bis 2022, Energy Brainpool

Abbildung 1: Entwicklung der EEG-Umlage von 2010 bis 2022 (Quelle: Energy Brainpool)

Wie wird Deutschland unabhängiger von russischen Gasimporten?

Nachdem Russland in die Ukraine einmarschiert ist, wurde das bereits gestoppte Zertifizierungsverfahren von Nord Stream 2 endgültig ausgesetzt. Durch die Nutzung der Pipeline wäre es möglich gewesen, 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr in das Gebiet der Europäischen Union zu leiten. Derzeit stammen 65 Prozent des importierten Erdgases in Deutschland aus Russland.

Es ist unwahrscheinlich, dass Russland seine Gasexporte in die EU stoppt, da das Land auf die finanziellen Einnahmen der Energieexporte angewiesen ist (Quelle: WirtschaftsWoche). Um eine Versorgungsunabhängigkeit zu erlangen, kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Aufbau einer nationalen Gas- und Kohlereserve an (Quelle: energate-messenger).

In diesem Zusammenhang sprechen Energiemarkt-Akteure zunehmend über den Import von LNG (Liquified Natural Gas). Momentan besitzt Deutschland kein eigenes Terminal. Doch der Bau des ersten Terminals in Niedersachsen wurde angestoßen. Bis dieses Terminal funktionstüchtig ist, wird es jedoch noch bis 2026 dauern. Bis dahin kann Deutschland Flüssiggas lediglich über seine Nachbarländer Belgien, Frankreich oder Niederlande importieren (Quelle: tagesschau). In Abbildung 2 sind bestehenden und geplanten LNG-Terminals für die EU abgebildet.

LNG-Terminale in Europa, Stand: 2022 Energy Brainpool

Abbildung 2: LNG-Terminale in Europa, Stand: 2022 (Quelle: EU-Kommission)

Atomkraft: Deutschland steigt aus, Frankreich kündigt weitere Kernkraftwerke an

Während in Deutschland der Atomausstieg noch Ende dieses Jahres ansteht, wird in Frankreich momentan noch ungefähr 70 Prozent der Nettostromerzeugung aus Kernkraft gewonnen. Der französische Präsident Macron kündigte sechs neue Atomkraftwerke an. Das erste könnte bereits 2035 ans Netz gehen. Damit soll die Versorgungssicherheit weiterhin gewährleistet und der Weg zur Klimaneutralität geebnet werden. (Quelle: tagesschau).

Nachdem der französische Stromversorger EDF schon Dezember letzten Jahres festgestellt hatte, dass Sicherheitsmängel bei einem Kernkraftwerk aufgetreten sind, wurden letzten Monat zwei weitere Kernkraftwerke vorsorglich abgeschaltet, um näher untersucht zu werden. Es waren Risse in den Sicherheitskreisläufen der Reaktoren zu erkennen. Das Erzeugungsziel der Kernkraftwerke wurde daraufhin für dieses Jahr auf 295–315 TWh gesenkt. Geplant waren ursprünglich 300–330 TWh. Bis Ende 2023 sollen alle 56 Reaktoren in Frankreich untersucht und damit abgeschaltet werden. Deshalb haben die Franzosen auch das KKW-Produktionsziel für 2023 um 12 Prozent nach unten geschraubt und damit auf 300–330 TWh gesenkt (zu den bisher geplanten 340-370 TWh) (Quelle: Montel).

Weshalb die Europäische Kommission die Kernkraft in die EU-Taxonomie aufgenommen und als klimafreundlich eingestuft hat, können Sie hier nachlesen.

 Starke Bewegungen auf den Terminmärkten

In der ersten Hälfte des Monats haben rekordmäßige Windeinspeisungen die Preise gedrückt. Durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine reagierten die Terminmärkte mit starken Preisbewegungen und die Strom-, Gas-, Öl- und Kohlepreise schossen in die Höhe. Der Gaspreis für das Frontjahr erzielte am 24. Februar 73 EUR/MWh, um am nächsten Tag um 20 Prozent zu fallen. Die Erholung ist auf das milde Wetter, hohe LNG-Speicherfüllstände und den überraschend hohen Gaslieferungen aus Russland zurückzuführen (Quelle: Montel).

Das Cal 23 ist auf ein Rekordhoch von 132 EUR/MWh gestiegen. Auch der Kohlepreis reagierte auf den Konflikt mit einem starken Anstieg von ungefähr 30 Prozent. Der Frontmonat für Brent-Öl erreichte am 22. Februar ein 7-Jahreshoch. Er stieg bis auf 97,83 USD/bbl (Quelle: Montel).

Am 8. Februar 2022 handelte der EUA-Kontrakt auf einem neuen Allzeithoch bei 98,49 EUR/t EUA. Mit zunehmenden Sanktionen gegenüber Russland ist der CO2-Kontrakt gefallen und hat am Ende des Monats mit ungefähr 83 EUR/t EUA abgeschlossen (Quelle: Montel).

prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks) der Ölsorte Brent mit Lieferung im April 2022, Energy Brainpool

Abbildung 3: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der Ölsorte Brent mit Lieferung im April 2022 (orangenfarbene Linie), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (rote Linie), des Frontjahres Gas am TTF (gelbe Linie) und des Frontjahrs Kohle (grüne Linie) von Anfang bis Ende Februar 2022 (Quelle: Montel)

Hohe Windeinspeisung und die Ukraine-Krise treiben die Preise der Kurzfristmärkte

Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Nettostromerzeugung belief sich auf dem Rekordhoch von 61,70 Prozent. Im Vergleich: Im Februar 2021 lag der Anteil bei 44,7 Prozent. Der hohe Anteil liegt insbesondere an der rekordverdächtigen Windeinspeisung in diesem Monat (Quelle: Energy-Charts).

Das Sturmtief „Zeynep“ brachte die Windeinspeisung am 19. Februar auf 41.000 MWh. Das drückte die Spotpreise für 4 Stunden in den negativen Bereich. Trotz der Rekordwindeinspeisung am 20. Februar von 48.663 MWh aufgrund des Sturmtiefs “Antonia” sind die Sportpreise im positiven Bereich geblieben (Quelle: energate-messenger).

Die Preise auf den Kurzfristmärkten unterlagen aufgrund der Ukraine-Krise auch starken Preisschwankungen. Der Day-Ahead am niederländischen TTF kam mit 100 EUR/MWh aus dem Handel.

Stromerzeugung und Verbrauch im Februar 2022 in Deutschland, Energy Brainpool

Abbildung 4: Stromerzeugung und Verbrauch im Februar 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts)

Passend zum Thema “Unsicherheiten in der Beschaffung” empfehlen wir das Live-Online-Training >> Nachhaltige Beschaffungsstrategien am 10. und 11. Mai 2022.

Hier gehts zum >> Energiemarkt-Review Januar und zum >> Jahresrückblick 2021.

 

 

Sekundärquelle: https://www.cleanenergywire.org/factsheets/liquefied-gas-does-lng-have-place-germanys-energy-future

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Warum es gut ist, dass die Gazprom Germania einer Treuhandverwaltung unterstellt wurde!

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Jenseits eines möglichen Lieferstopps drängte sich jedoch zunehmend eine Frage auf: Was passiert bei einem Ausfall der europäischen Gazprom-Töchter? Wie würde sich das auf deutsche Energieversorger auswirken? Dieser Blogbeitrag ordnet die Geschehnisse ein und erklärt die Hintergründe des Schritts der Bundesregierung vom 04.04.2022, die Gazprom Germania einer Treuhandverwaltung zu unterstellen.

Ausgangssituation: Welchen Hebel hat Russland bei den Erdgaslieferungen?

Seit Ausbruch des Ukrainekriegs ist zunehmend klar, dass die Abhängigkeit Deutschlands und Europas von russischen Erdgaslieferungen kurzfristig nicht ohne erhebliche wirtschaftliche Schäden aufgehoben werden kann (vgl. Blogbeitrag Erdgas & Co.: Wird der nächste Winter kalt?). Dabei muss Deutschland nach aktuellem Stand mindestens einen, aller Voraussicht nach zwei Winter lang mit fehlenden Erdgasmengen rechnen (Fortschrittsbericht BMWK vom 25.03.22: Ziel der Unabhängigkeit bis Sommer 2024).[1]

Natürlich zöge ein sofortiger Stopp des Pipeline-gebundenen Erdgasverkaufs nach Europa auch für die russische Regierung beträchtliche wirtschaftliche Einbußen nach sich. Es fehlen für das betreffende Erdgas aus den europanahen Erdgasfeldern alternative Pipelinerouten in ähnlich großer Transportkapazität hin zu “freundlichen Staaten” wie China oder Indien.

Dennoch birgt die Kontrolle über die Erdgasliefermengen das Potenzial für Russland, diese als geopolitischen Hebel anzusetzen, um eigene Interessen umzusetzen. So kann bereits eine Reduktion der Liefermengen innerhalb des in den Bestandsverträgen definierten Mengengerüsts dazu beitragen, dass Erdgasmengen im Sommer nicht eingespeichert werden. Diese fehlen dann im nächsten Winter bei einem Lieferstopp-Szenario.

Zudem sind in so einer angespannten geopolitischen Situation kleine Mengenänderungen in den Importmengen marktpreisrelevant. Denn sie erhöhen die Preisvolatilität an den Erdgashandelsplätzen.

Gazproms Erdgasabsatz nach Europa: die Rolle der Gazprom-Töchter

Handelsseitig gelangt das Gazprom-Erdgas über langfristige Lieferverträge nach Europa. Europäische Versorger haben jedoch Erdgasabsatzverträge nicht direkt über die russische Gazprom-Exportgesellschaft „OOO Gazprom Export“ geschlossen. Konkret hat dies die in Deutschland ansässige, 100 %-ige Tochter Gazprom Germania GmbH realisiert. Über eigene Tochtergesellschaften verteilt Gazprom Germania die Erdgasmengen handelsseitig in Europa.

Gemäß den Geschäftsberichten der betreffenden Unternehmen sind für die deutsche Erdgasversorgung vor allem die WIEH GmbH und die Wingas GmbH relevant. Hinzu kommen weitere Tochtergesellschaften der Gazprom-Germania mit Bedeutung für die europäische Erdgasversorgung und -infrastruktur. Dazu zählen unter anderem die in London ansässige Gazprom Marketing & Trading Ltd und die Speicherbetreibergesellschaft Astora GmbH, wie die nachfolgende Abbildung zeigt.

der Gazpromkonzern und seine europäischen Tochtergesellschaften, Energy Brainpool

Abbildung 1: der Gazpromkonzern und seine europäischen Tochtergesellschaften [Quelle: https://www.gazprom-germania.de/home.html, Stand: 30.03.2022][2]

Rubel-Dekret, Razzia, Rückzug der Gazprom-Mutter: Die Insolvenzgefahr der Gazprom-Töchter ist gestiegen

In der letzten Woche häuften sich Ereignisse, die die Insolvenzgefahr der Gazprom-Töchter deutlich steigen ließen. Wenngleich diese Ereignisse auf den ersten Blick in keinem direkten Zusammenhang zu stehen schienen, so betrafen sie stets die Gazprom Germania.

Rubel-Dekret

Nach einem einwöchigen Verwirrspiel teils widersprüchlicher, öffentlicher Ankündigungen legte die russische Regierung am 31.03.22 per Dekret neue Zahlungsweisen fest. Konkret verlangten sie, dass westliche Staaten für Gaslieferungen zumindest teilweise in Rubel statt in den vertraglich definierten EUR bzw. Dollar aufkommen sollen. Dabei sollen westliche Kunden Zahlungen in EUR bei der Gazprom Bank leisten, die diese dann in Rubel umtauscht.[3]

Die Gazprom Bank ist explizit nicht von den EU-Sanktionen bezüglich des Ukraine-Krieges betroffen und weiterhin Teil des SWIFT-Systems. Gemäß Handelsblatt[4] hat die russische Regierung jedoch schon Mitte März der PAO Gazprom angeordnet, 80 Prozent der Einnahmen aus Energiegeschäften zur Stützung der Landeswährung in Rubel umzutauschen. Dies ist nur noch durch die Gazprom-Bank möglich.

So hat sich unter anderem die deutsche Bundesregierung im Zuge dieser öffentlichen Äußerungen am 30.03.2022 dazu entschieden, die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas auszurufen. Ziel ist es damit, die Vorsorgemaßnahmen hinsichtlich eines drohenden Gaslieferstopps zu intensivieren.

Razzia

Am 30.03.22 haben die EU-Wettbewerbsbehörden bei mehreren europäischen Gazprom-Tochtergesellschaften eine Razzia vorgenommen. Grund hierfür waren Untersuchungen der EU-Kommission aufgrund eines möglichen wettbewerbswidrigen Verhaltens Gazproms.[5]

Rückzug der Gazprom-Mutter

Am 31.03.22 ließ die russische Gazprom-Muttergesellschaft verlauten, dass sie sich aus ihrer 100 %-igen Beteiligung an der für die europäische Gasbelieferung zentralen Tochtergesellschaft Gazprom Germania GmbH zurückzieht.[6] Über die Gründe kann zum Redaktionszeitpunkt nur spekuliert werden.

Denkbar ist dieser Schritt sowohl als Reaktion auf die Razzia als auch als strategisches Element der Verunsicherung. Ferner erscheint auch das Ziel einer Neugestaltung bestehender Vertragsstrukturen denkbar, um mehr Spielraum beim Mengen- und Preisgerüst für zukünftige Gasabsatzverträge nach Europa zu erhalten. Zusätzlich könnte auch dem Druckmittel „Lieferstopp“ noch mehr Gewicht verliehen werden.

Auch ist es möglich, so ein klares Signal in Richtung des Rubeldekretes zu bekommen. Denn für die europäischen Geschäftspartner der Gazprom Germania änderte sich bisher nichts. Weder durch das Rubel-Dekret noch vorerst durch den Rückzug der Gazprom-Mutter. Mit Blick auf die Gazprom-Töchter ist angesichts dieser Ereignisse jedoch festzuhalten: Ihre vertragliche wie finanzielle Situation wurde durch diesen Schritt völlig unklar, ihr Ausfallrisiko ist angesichts dieser Unsicherheit deutlich gestiegen.

Welche Unternehmen wären direkt von einem Ausfall der Gazprom-Töchter betroffen?

Gegenwärtig macht russisches Erdgas rund 40 % des deutschen Erdgasverbrauches aus. Die Wingas GmbH deckt nach eigenen Aussagen bereits alleine rund 20 % des deutschen Erdgasabsatzes ab [Quelle: Geschäftsbericht der Wingas GmbH, Stand: 04.04.2022][7]. Sie tritt als Vertragspartner für eine Vielzahl deutscher Energieversorger und Stadtwerke auf.

Die WIEH GmbH beliefert demgegenüber vorrangig zwei große deutsche Erdgasimportgesellschaften, könnte jedoch auch andere große Handelspartner haben. Es lässt sich vermuten, dass die Wingas sich auf die kleinen und mittleren Kunden fokussiert, wohingegen die WIEH GmbH ausschließlich Großkunden bedient.

Ein Leak des Tagesspiegel Background vom 29.03.22 weist darauf hin, dass die drei deutschen Firmen Uniper Global Commodities, Wintershall Dea und VNG im Jahr 2020 Langfristverträge für russisches Erdgas von Gazprom hielten. Wenngleich es denkbar erscheint, dass mindestens zwei dieser Unternehmen ihr russisches Gas von der WIEH GmbH beziehen. So ist es zum gegebenen Zeitpunkt unklar, ob nicht doch ein deutscher Erdgasgroßabnehmer einen direkten Vertrag mit der 000 Gazprom-Export hält.

Schaubild der OTC-Handelslieferkette für russisches Erdgas in Deutschland, Energy Brainpool

Abbildung 2: Schaubild der OTC-Handelslieferkette für russisches Erdgas in Deutschland (Quelle: Energy Brainpool)

Welche Auswirkungen wären bei einem Ausfall der Gazprom Germania auf die Erdgashandelskette und -versorgung zu erwarten?

Der Großteil der direkten Vertragspartner der Gazprom-Töchter agiert als Zwischenhändler. Diese müssten im Falle wegfallender Erdgasbezugsmengen zunächst ihren Lieferverpflichtungen aus den Weiterverkaufsgeschäften durch die Beschaffung von Ersatzmengen nachkommen.

Diese Ersatzmengen würden zu heutigen Marktpreisen beschafft werden. Das sogenannte Wiederbeschaffungsrisiko ist dann ein Problem für die Zwischenhändler, wenn der Marktpreis zum Zeitpunkt der Wiederbeschaffung höher ist als zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. In den meisten Fällen dürfte dies angesichts der aktuellen Höchstpreise gegeben sein.

Zudem ist es denkbar, dass bei einem Ausfall der Gazprom-Töchter die Preise für Erdgas an den Spot- und Terminmärkten deutlich ansteigen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die russische Gazprom-Mutter die durch den Ausfall der Gazprom-Töchter frei gewordenen Erdgasmengen – die zuvor in den Verträgen der Töchter gebundenen waren – an europäischen Märkten zum Verkauf anbietet.

Das heutige Erdgaspreisniveau kann die Zwischenhändler vor erhebliche finanzielle Probleme stellen, wenn es um die Wiederbeschaffung und Erfüllung bestehender Lieferverpflichtungen geht. Dies kann teilweise dazu führen, dass der Fortbestand des Unternehmens gefährdet ist. Daher stellt sich die Frage der “wirtschaftlichen Zumutbarkeit” für die Zwischenhändler.

Grundsätzlich dürfen Lieferverpflichtungen nur angepasst werden, wenn die Wiederbeschaffungskosten für den Zwischenhändler, der auch oft Versorger ist, „wirtschaftlich unzumutbar“ ist. Sollte dies jedoch der Fall sein, so würden die Preise der Endkundenverträge entsprechend angepasst. Und das Problem der hohen Erdgaspreise wird auf das nächste Glied in der Handelskette bis hin zum Endkunden übertragen. Dies wären dann alle Haushalts- und Gewerbekunden, Kraftwerke und Industriekunden.

Analog zum russischen Anteil am deutschen Erdgasverbrauch könnten rein rechnerisch rund 40 % der deutschen Erdgasabsatzmengen davon betroffen sein. Diese Erdgasmengen lassen sich aber nicht auf 40 % der Endkunden verteilen. Stattdessen ist es durchaus möglich, dass fast alle Erdgasendkunden von dieser einen Vertragsauflösung betroffen sind. Denn wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, liefern die Erdgashändler und -versorger das Erdgas über mehrere Zwischenhandelsstufen an Endverbraucher weiter und handeln auch untereinander.

So wird eine Megawattstunde Erdgas heute an deutschen Handelsplätzen mindestens einmal ver- und wiedergekauft, bevor sie letztendlich von Endkunden verbraucht wird. In 2020 betrug das Verhältnis aus Gashandelsmenge und -verbrauchsmenge („Turnover Ratio“) beispielsweise rund 2,8. Das heißt, eine in Deutschland im betreffenden Jahr verbrauchte Megawattstunde Erdgas wurde zuvor im Schnitt 2,8-Mal gehandelt.[8]

Zudem ist auch nicht anzunehmen, dass ein Zwischenhändler von Erdgas seinen eigenen Erdgasbezugsvertrag direkt an einen oder mehrere Kunden verteilt. Stattdessen ist es üblich, alle Bezugsverträge zu mischen und diesen Portfoliomix dann an alle seine Kunden, Endkunden wie andere Zwischenhändler, weiter zu verkaufen. Dieses Vorgehen wird Portfoliohedging genannt und ist in Abbildung 3 im Vergleich zu einer möglichen direkten Lieferung dargestellt, bei der eine Nachvollziehbarkeit gegeben ist.

Im Fall der branchenüblichen Portfoliohedges dürfte der Ursprung der Erdgasimportmengen bereits nach der ersten Zwischenhandelsstufe der Handelskette nicht mehr nachvollziehbar sein. Aus der Turnover Ratio des deutschen Gashandels von 2,8 lässt sich ableiten, dass im Schnitt knapp zwei Zwischenhandelsstufen bis zum Endverbraucher vorliegen.

Kurz: Ein Endabnehmer kann von seinem Vorlieferanten nicht nach dem Ursprung des Erdgases fragen, weil er es selber nicht weiß.

Schema verschiedener Hedgingstrategien am Gasmarkt – 1:1 und 1:n-Beziehungen sowie Portfoliohedging (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 3: Schema verschiedener Hedgingstrategien am Gasmarkt – 1:1 und 1:n-Beziehungen sowie Portfoliohedging (Quelle: Energy Brainpool)

Treuhandverwaltung statt Pleitewelle – der einzig logische Schritt?

Angesichts der beschriebenen Marktstrukturen dürfte nun klar sein, dass ein Ausfall der Gazprom Germania das Energiehandelssystem einem enormen Stresstest mit unsicherem Ausgang unterziehen würde. Insofern erscheint die Ankündigung der Bundesregierung vom 04.04.2022, die Bundesnetzagentur bis vorerst Ende September 2022 als Treuhänderin der Gazprom Germania GmbH einzusetzen, ein sinnvoller Schritt zur Reduktion der Marktverunsicherung. Demzufolge wird die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bezüglich des Unternehmensvermögens beschränkt und steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Bundesnetzagentur.

Die Treuhänderin ist zudem umfassend weisungsbefugt und erhält sämtliche Stimmrechte der GmbH. [9] Damit dürften deutsche und europäische Erdgashändler und -lieferanten der Willkür russischer Politik zumindest ein Stück weit weniger ausgesetzt sein. Doch hätte es noch andere Möglichkeiten gegeben, um die Gefahr eines Zusammenbruchs des Energiehandels zu entschärfen?

Warum der Bundeslastverteiler alleine nicht ausreicht

Wie bei einer Gefährdung der Versorgungssicherheit in Deutschland vorzugehen ist, hat das damalige Kabinett Schmidt in Deutschland schon zu Zeiten der Ölkrise der 1970er-Jahre geregelt :  mit dem Energiesicherungsgesetz 1975 sowie der Gas- und Elektrizitätssicherungsverordnung 1982 (letztes Update 2005). Die Umsetzung von EU-Regularien mündete außerdem in einen Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2019 ( In diesem sind drei Warnstufen vorgesehen. Am 30.03.2022 hat die Bundesregierung die erste Frühwarnstufe aktiviert, um Vorsorgemaßnahmen zu intensivieren.

Eine weiterhin erhöhte Gefahr eines russischen Lieferstopps würde die Aktivierung der höchsten Notfallstufe nach sich ziehen. In diesem Fall ist vorgesehen, dass die Bundesnetzagentur als Bundeslastverteiler hoheitliche Maßnahmen der Lastflussverteilung vornimmt.

Besonders geschützte Kundengruppen (zum Beispiel soziale Einrichtungen, Privathaushalte), die nicht von einer Lastabschaltung betroffen sind, sind in diesem Fall klar definiert. Für die restlichen Kundengruppen sind entsprechende physische Abschaltpläne zur Priorisierung der restlichen Erdgasverbraucher Deutschlands entweder vorhanden oder werden aktuell erarbeitet.

Der zentrale Lastverteiler ordnet Erdgasbezüge zu. Zudem kann er, gemäß Energiesicherungsgesetz, auch Verfügungen für betroffene Unternehmen aussprechen, die eine Aufhebung oder Anpassung von Verträgen oder den Abschluss neuer Verträge betreffen. Hierbei seien „angemessene“ Preise anzusetzen. Darüber hinaus finden sich jedoch kaum weiterführende Anweisungen darüber, wie mit den Handelsverträgen umgegangen werden kann.

Da Wiederbeschaffungs- und Ausfallrisiken vorrangig entstehen durch den Unterschied zwischen aktuell hohen Marktpreisen und „alten“, niedrigeren Vertragspreisen, ist insbesondere klar zu regeln, wer die Finanzierung dieses Deltas übernimmt. Ohne eine solche Regelung ist durchaus denkbar, dass in der Notlage alle Verträge obsolet würden. Entsprechend bieten die bestehenden Regelungen zum Bundeslastverteiler im Falle eines Ausfalls der Gazprom-Töchter keine vollends verlässliche Absicherung des Handelssystems.

Welche Schritte sind nun von der Treuhänderin zu erwarten? Ein Blick nach UK

Im Hinblick auf ausfallende Kontrahenten hat die britische Regierung schon 2009 eine mögliche Strategie zur Problemlösung gesetzlich verankert, die der Treuhandverwaltung in Deutschland sehr ähnelt – das sogenannte Special Administration Regime (SAR). Im Falle des drohenden Ausfalls eines Energiehändlers übernimmt ein von der Staatsregierung bestimmter Verwalter (Administrator) dessen Leitung.

Der Administrator führt die Beschaffung auch zu teuren Großhandelsmarktpreisen durch, ohne dass diese an den Endkunden weitergegeben werden. Die Finanzierung des Deltas aus hohen Markt- und niedrigen Endkundenpreisen wird also vonseiten der Regierung bereitgestellt. Sollte die Gazprom Germania von ihrer Ex-Muttergesellschaft im Laufe der nächsten Monate nicht mehr mit Erdgas beliefert werden, ist ein solcher Schritt auch von der Treuhänderin Bundesnetzagentur zu erwarten. Die Finanzierung dieses Schritts ist hierzulande im Gegensatz zu UK allerdings noch zu klären.

Die Rolle des Verwalters im britischen SAR ist es dabei, die Lieferungen an die Kunden unter der Voraussetzung sicher zu stellen, dass die Kosten auf einem möglichst niedrigen umsetzbaren Stand gehalten werden. Abgesehen davon ist das Endergebnis der SAR offen, und kann resultieren in:

  • Eine Rettung des ausfallenden Unternehmens,
  • Den Verkauf eben dieses Unternehmens, oder
  • Die Übertragung der Kunden des Unternehmens auf andere Händler/Lieferanten.

Da in Deutschland zwischenzeitlich auch über eine mögliche Enteignung und Verstaatlichung der deutschen Konzerntöchter von Gazprom und Rosneft diskutiert wurde [10], erscheint auch hierzulande vorerst kein Weg ausgeschlossen.

Abbildung 4 fasst die Marktrolle eines SAR oder Treuhandregimes zusammen, sollte die Handelsbeziehung zwischen 000 Gazprom Export und der Gazprom Germania beendet und eine staatliche Übernahme aller Handelsbeziehungen inklusive der Ersatzmengenbeschaffung notwendig werden.

staatlicher Eingriff in den Gasmarkt (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 4: staatlicher Eingriff in den Gasmarkt (Quelle: Energy Brainpool)

Fazit: Womit ist nun zu rechnen?

Die Gefahr eines Zusammenbruchs der Energiehandelsbeziehungen in Deutschland ist durch die Treuhandverwaltung zumindest teilweise gesenkt. Für den Fall eines Abbruchs der Handelsbeziehungen zwischen der Gazprom Germania und ihrer Ex-Muttergesellschaft müssen nun Fragen der Finanzierung einer Ersatzmengenbeschaffung zügig geklärt werden, um den Markt ausreichend gegen Ausfallrisiken abzusichern.

Aus politischer Sicht erscheint dieser Fall durchaus denkbar, denn er würde der russischen Regierung aufgrund der dann anstehenden Neuverhandlung von Erdgaslieferverträgen in die Hände spielen. Schließlich könnten so nicht nur das Liefermengengerüst, sondern auch die Währungsvorgaben für die Zahlungen neu festgelegt werden.

Der finanzielle Aufwand einer teuren Wiederbeschaffung ist auf Basis der aktuellen Marktpreise mit sehr hohen Kosten verbunden. Angesichts der drohenden wirtschaftlichen Schäden im Falle eines Zusammenbruchs des Energiehandels erscheint dieser finanzielle Aufwand aus heutiger Sicht vermutlich vertretbar und könnte sowohl über eine Umlage oder den Staatshaushalt finanziert werden.

Autoren: Tobias Federico, Michael Claußner

Quellen:

[1] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Energie/0325_fortschrittsbericht_energiesicherheit.pdf?__blob=publicationFile&v=10

[2] https://www.gazprom-germania.de/unternehmen/struktur.html

[3] https://www.handelsblatt.com/politik/international/russland-putin-unterschreibt-gas-dekret-westliche-kunden-muessen-kauf-ueber-russische-bank-abwickeln/28217422.html

[5] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eu-kommission-razzia-bei-gazprom-1.5557938

[6] https://www.reuters.com/business/energy/russias-gazprom-exits-german-business-amid-row-over-pricing-2022-04-01/

[7] https://www.wingas.com/fileadmin/Wingas/content/04_Unternehmen/2020-01-31-Factsheet_DE_WEB-1seitig-RZ-vro.pdf

[8] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/169809/umfrage/handelsvolumen-an-der-eex-am-spot-und-terminmarkt-fuer-erdgas/#professional
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/41033/umfrage/deutschland—erdgasverbrauch-in-milliarden-kubikmeter/

[9] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2022/04/20220404-bmwk-setzt-bundesnetzagentur-als-treuhanderin-fur-gazprom-germania-ein-erwerb-der-gazprom-germania-gmbh-durch-jsc-palmary-schwebend-unwirksam.html

[10] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/ukraine-krieg-energieversorgung-bedroht-berlin-spielt-die-verstaatlichung-russischer-tochterfirmen-durch/28217476.html

Der Beitrag Warum es gut ist, dass die Gazprom Germania einer Treuhandverwaltung unterstellt wurde! erschien zuerst auf Energy BrainBlog.

Energiemarkt-Rückblick März 2022

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Am 16. März 2022 leitete das Bundeskabinett Steuererleichterungen ein, um die Haushalte und Unternehmen zu entlasten. Die Erleichterungen belaufen sich laut Lindner auf 4,5 Mrd. Euro. Der Beschluss beinhaltet rückwirkend zum 1. Januar 2022 folgende Punkte:

  • die Erhöhung der Pendlerpauschale,
  • die Erhöhung des Grundfreibetrags in der Steuererklärung um 363 Euro und
  • der Arbeitnehmerpauschalbetrag steigt um 200 Euro auf 1.200 Euro.
  • Außerdem sind Einmalzahlungen für Empfangende von Sozialleistungen eingeschlossen (Quelle: Bundesfinanzministerium).

Am 24. März 2022 einigte sich die Ampelkoalition aus SPD, Grüne und FDP auf ein weiteres Energieentlastungspaket. Grund hierfür sind die stark gestiegenen Energiekosten, die in letzter Zeit insbesondere durch die anhaltende Ukraine-Krise beeinflusst werden.

Das beschlossene Paket beinhaltet eine Pauschale von 300 Euro für Erwerbstätige sowie Steuersenkungen bei Benzin und Diesel. Die Kraftstoffsteuer soll für drei Monate auf das EU-Mindestmaß gesenkt werden. Dadurch verbilligt sich laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) Diesel um 14 Cent pro Liter und Benzin um 30 Cent pro Liter. Für denselben Zeitraum einigte sich die Koalition auf ein Monatsticket für den ÖPNV in Höhe von 9 Euro (Quelle: energate-messenger).

Notfallplan Gas: Frühwarnstufe wird ausgerufen

Das Bundeswirtschaftsministerium hat am 30. März 2022 die erste von drei Warnstufen für die deutsche Gasversorgung ausgerufen. Ausschlaggebend war die Ankündigung des russischen Präsidenten, Wladimir Putin, nur noch Zahlungen in Rubel und nicht mehr in Euro oder Dollar zu akzeptieren, da ansonsten ein Lieferstopp folgen könnte. Putin lenkte danach zwar ein, dass Zahlungen doch weiterhin möglich sein, die Gazprombank jedoch für den Umtausch in Rubel zuständig ist.

>> Update: Gazprom seit 4.4.22 unter Treuhandverwaltung >> Die Einschätzung von Energy Brainpool

Bundesminister für Wirtschaft und Energie Robert Habeck betont, dass es derzeit keine Versorgungsengpässe gibt, aber die Vorsichtsmaßnahmen erhöht werden müssen, um auf einen Lieferstopp gefasst zu sein (Quelle: Montel).

Deshalb wurde in der ersten Stufe (Frühwarnstufe) ein Krisenstab aus Experten zusammengestellt, die regelmäßig die Sicherheit der Gasversorgung einschätzen. Wie auch in der zweiten Warnstufe (Alarmstufe) greift der Staat nicht in den Gasmarkt ein, damit der Markt selbst reagieren kann.

Erst in der dritten Warnstufe (Notfallstufe) wird die Bundesnetzagentur zum “Bundeslastverteiler”. Das heißt, sie regelt die Verteilung von Gas und demnach, wer in Knappheit voranging Gas erhält (Quelle: Sueddeutsche). Laut Artikel 6 sind private Verbraucher, soziale Dienste wie Krankenhäuser, Heime oder Gefängnisse, Fernwärmeanlagen, Polizei und Feuerwehr besonders geschützt.

Die Bundesnetzagentur wird Kriterien festlegen anhand derer entschieden wird, in welcher Reihenfolge Industrieunternehmen vom Gasnetz genommen werden. Dabei werden höchstwahrscheinlich größere Unternehmen, die relevant für die Infrastruktur sind, voranging behandelt (Quelle: Deutschlandfunk Nova).

Ausschreibungen für Windenergie an Land leicht überzeichnet

Die Bundesnetzagentur hat die Ergebnisse der jüngsten Ausschreibungsrunde für Windenergieanlagen an Land vom 1. Februar 2022 veröffentlicht. Projekte mit einer Gesamtkapazität von 1.332 MW Kapazität erhielten einen Zuschlag. Dabei wurde das Kapazitätsvolumen schon zum zweiten Mal in Folge leicht überschritten. Abgesehen von den sechs Anlagen, die aufgrund eines Formfehlers ausschieden, erhielt der Rest der 277 Gebote einen Zuschlag. Dabei hat der Hersteller Enercon mit 93 Anlagen die meisten Zuschüsse erhalten.

Die Gebotswerte der bezuschlagten Gebote reichen von 4,77 ct/kWh bis 5,88 ct/kWh. Damit wurde auch der zulässige Höchstwert geboten. Der mengengewichtete, durchschnittliche Zuschlagswert liegt bei 5,76 ct/kWh (Quelle: Bundesnetzagentur).

Was hat das „EEG-Osterpaket“ für zukünftige Ausschreibungen zu bedeuten?

Zur Erreichung der ambitionierten Ausbauziele der erneuerbaren Energien hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einen Referentenentwurf zur EEG-Novelle („Osterpaket“) vorgelegt. Darin enthalten sind Sofortmaßnahmen, die noch vor Ostern umgesetzt werden sollen. Neben vielen anderen Änderungen hat der Gesetzgeber unter anderem die Ausschreibungsmengen für Windenergieanlagen an Land drastisch erhöht. In Abbildung 1 sind sowohl die bereits durchgeführten Ausschreibungen dargestellt als auch die neu festgelegten Ausschreibungsvolumina. Diese sind größtenteils doppelt so hoch wie die ursprünglich geplanten Ausschreibungsvolumina (Quelle: GÖRG).

 Entwicklung der Ausschreibungsvolumina für Windenergieanlagen an Land von 2017 bis 2028, Energy Brainpool

Abbildung 1: Entwicklung der Ausschreibungsvolumina für Windenergieanlagen an Land von 2017 bis 2028 (Quelle: Energy Brainpool)

 Explodierende Commodity-Preise aufgrund der Ukraine-Krise

Die Eskalation in der Ukraine hat die Preise und Volatilität auf dem Terminmarkt in die Höhe getrieben. Besonders die Sorge vor Versorgungsengpässen sorgte für hohe Gaspreise. Der Frontmonat für Gas an der TTF stieg auf ein neues Rekordhoch von 345 EUR/MWh (Quelle: Montel). Russische Gaslieferungen am Ende des Monats betrugen jedoch durchschnittlich 3741 GWh/Tag. Damit sind keine Beeinträchtigungen der Gaslieferungen nach Deutschland zu verzeichnen. Es werden jedoch niedrige Einspeicherungen im April erwartet. Die Drohungen von Putin lassen die Lage angespannt bleiben (Quelle: Montel).

Der Kohlepreis wurde durch niedrigere Speicherfüllstände und damit der Angst vor Versorgungsengpässen beflügelt. Händler versuchen gerade alles Mögliche, um Kohle zu beschaffen, die nicht aus Russland kommt, um einem möglichen Embargo vorzubeugen. Das Frontquartal im API2-Markt erreichte im März einen Rekordwert von 500 USD/t (Quelle: Montel).

Der festerer Energiekomplex, niedrigere Grünstromproduktion und kühleren Temperaturen stützten Strom-Notierungen. Das Cal 23 notierte am 08.03. auf einem Allzeithoch bei 189 Euro/MWh. Nachdem der Preis zwischenzeitlich an Wert verloren hat, steuert er derzeit wieder auf ein neuen Rekordwert zu (Quelle: energate-messenger).

Der Ukraine-Krieg sorgt auf dem EUA-Markt für tiefere Preise. Als Folge entstehen wirtschaftliche Unsicherheiten, die die Marktteilnehmer vom Handeln abhalten. Der CO2-Preis notierte bei 55 EUR/t auf dem tiefsten Niveau seit Oktober letzten Jahres (Quelle: Montel).

prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks, der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangenfarbene Linie) des Frontjahres Gas am TTF (gelbe Linie) und des Frontjahrs Kohle (rote Linie) von Anfang Februar bis Ende März 2022, Energy Brainpool

Abbildung 2: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks, der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangenfarbene Linie) des Frontjahres Gas am TTF (gelbe Linie) und des Frontjahrs Kohle (rote Linie) von Anfang Februar bis Ende März 2022 (Quelle: Montel)

Trocken, viel Sonne, wenig Wind

Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Deutschland lag im März bei 43 Prozent und damit deutlich niedriger als in den Vorjahren. Das lag vor allem an der niedrigen Windeinspeisung, die bei 8 TWh lag und damit 30 Prozent weniger als letztes Jahr. Die Solareinspeisung hingegen war über den Monat ungewöhnlich hoch. Die Temperaturen lagen am Anfang des Monats ungefähr 3 Grad über dem Durchschnitt (Quelle: Energy-Charts). Das letzte Drittel war geprägt von niedrigeren Temperaturen und wenig Wind.

Auch die Kurzfristmärkte reagierten auf die Versorgungsängste mit hoher Volatilität. Der Day-Ahead am TTF erzielte ein Rekordhoch mit 190 EUR/MWh (Quelle: Montel).

Stromerzeugung und Verbrauch im März 2022 in Deutschland, Energy Brainpool

Abbildung 3: Stromerzeugung und Verbrauch im März 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts)

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EU Energy Outlook 2050: Wie entwickelt sich der europäische Strommarkt in den nächsten 30 Jahren?

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Mit dem aktuellen „EU Energy Outlook 2050“ zeigt Energy Brainpool langfristige Trends in Europa auf. Spätestens seit dem Beginn der Invasion der Ukraine durch Russland am 24. Februar 2022 ist die Welt auch auf den Energiemärkten eine andere. Schon zuvor wandelten sich die Strommärkte ständig. Insbesondere durch die Evolution der energiepolitischen Planungen, um CO2-Emissionen zu reduzieren, entwickeln sich Strompreisszenarien kontinuierlich. Daraus resultierend ändert sich auch permanent die Bewertung von Marktentwicklungen, Assets und Verträge, Investitionsentscheidungen, Power Purchase Agreements (PPAs) oder Geschäftsmodelle.

Doch aktuell reicht es nicht aus, schlüssige Strompreisszenarien nur weiter zu entwickeln. Nichts ist wie vorher – seit dem 24. Februar 2022. Dafür wirkt die aktuelle geopolitische Krise zu disruptiv und zu heftig. Daher rechnen und analysieren wir bei Energy Brainpool in einer neuen Szenariowelt.

Der „EU Energy Outlook 2050“ zeigt die Entwicklungen in Energy Brainpools neuem „Central“-Szenario für die EU 27, inklusive Norwegen, der Schweiz und Großbritannien. Unter dem Eindruck der aktuellen Krise und ihrer Folgen für die Energiemärkte haben wir die bisherigen Strompreisszenarien von Grund auf überarbeitet. Darüber hinaus haben wir die zugrundeliegenden Annahmen an die neue Realität angepasst.

Allgemein ist zu sagen, dass die tatsächlichen Entwicklungen in den Einzelländern deutlich variieren können. Um fundiert entscheiden zu können, sind detaillierte Modellierungen der einzelnen nationalen Märkte und der länderspezifischen Einflussfaktoren inklusive Sensitivitätsanalysen unerlässlich.

Das neue „Central“-Szenario

In den vorangegangenen EU Energy Outlooks diente das Szenario „Energy Brainpool“ als Grundlage, um die zukünftige Entwicklung der Strompreise, der Capture-Preise und anderer Größen zu schätzen. Im Zuge der Ukraine-Krise und ihrer Folgen für die Energiemärkte wurde dieses ersetzt durch das neue „Central“-Szenario. Daraus ergeben sich die Variationen „Tensions“ und „Relief“.

Das Szenario „Central“ berücksichtigt die aktuellen Spannungen zwischen den europäischen Ländern und Russland. Die Hauptannahme des Szenarios besteht darin, dass Europa ab spätestens 2027 den Import von russischem Pipeline-Gas einstellt. Außerdem nehmen wir an, dass sich mittel- bis langfristig die allgemeine (Import-)Abhängigkeit von fossilen Energieträgern reduzieren wird.

In der Kurzfristperspektive werden für die Brennstoff- und CO2-Preise die aktuellen Entwicklungen auf den Terminmärkten berücksichtigt. Diese sind bedingt durch die momentane geopolitische Situation. Abbildung 1 zeigt den Anteil russischer Importe an allen importierten Mengen der Energieträger Erdgas, Steinkohle und Rohöl sowie den Anteil aller importierten Mengen am gesamten Verbrauch in den EU 27 Staaten. Daraus ergibt sich eine direkte Abhängigkeit von russischen Energieträgern am Endverbrauch von 28,1 % für Steinkohle, 25 % für Rohöl und 37 % für Erdgas. Diese Werte ergeben sich zum Beispiel für Steinkohle aus einem Importanteil am Endverbrauch von 48 % multipliziert mit dem russischen Importanteil von 54 %.

EU 27 Abhängigkeit von russischen Energieträgern, Energy Brainpool

Abbildung 1: EU 27 Abhängigkeit von russischen Energieträgern (Quelle: Eurostat)

Mit der von nahezu allen EU-Staaten anvisierten, schnellstmöglichen Substitution von russischen Energieträgern kommt es zu zwei Effekten: Kurz- bis mittelfristig steigen die Preise und die Volatilität auf den Terminmärkten erhöht sich. Dies gilt insbesondere für Erdgas, da eine Beschaffung aus alternativen Quellen am deutlichsten von der bestehenden Infrastruktur abhängig ist (LNG-Terminals, Pipelines). Im „Central“-Szenario wird daher für die nächsten Jahre von Erdgaspreisen ausgegangen, die dem durchschnittlichen Preisniveau an den Terminmärkten seit Mitte Februar 2022 entsprechen.

LNG ab 2027entscheidend für europäischen Erdgaspreis

Ab 2027 orientiert sich der europäische Erdgaspreis am Weltmarktpreis für LNG. Als voraussichtlich wichtigste Importquelle für Europa kann dafür US-amerikanisches LNG als preissetzend angenommen werden. Der Exportpreis für US-LNG entspricht historisch dem amerikanischen Erdgas-Benchmark-Preis (Henry Hub). Hinzu kommt ein nachfragebedingter Aufschlag für den Transport innerhalb der USA sowie der Verflüssigung von Erdgas zum Transport als LNG.

Um den Preis für US-LNG auf dem europäischen Markt zu schätzen, müssen zudem Kosten für Fracht und Regasifizierung in Europa berücksichtigt werden. Abbildung 2 zeigt die Zusammensetzung der Kostenkomponenten auf Basis der Henry Hub Price Forward Curve, sowie die mittleren Annahmen zu Verflüssigungs-, Fracht- und Regasifizierungskosten. Unter Berücksichtigung von Wechselkurs- und Inflationsannahmen ergibt sich ein Erdgaspreis von 22 EUR2020/MWh. Dieser Preis wird im Szenario für die Jahre 2027 bis 2040 angenommen.

Kostenkomponenten am Weltmarkt LNG, Energy Brainpool

Abbildung 2: Kostenkomponenten am Weltmarkt LNG (Quellen: US Office of Fossil Energy and Carbon Management; IEA World Energy Outlook)

Wasserstoff ersetzt langfristig Erdgas

In der langen Frist wird fossiles Erdgas in seinen Endanwendungen durch Wasserstoff ersetzt. Konkret wird dieser entweder mittels Elektrolyse aus Strom produziert oder importiert. Wir nehmen an, dass solch „grüner“ Wasserstoff auf dem Weltmarkt gehandelt wird und spätestens ab 2040 den „Clean Gas Price“ unterbietet. Der „Clean Gas Price“ setzt sich zusammen aus dem Preis für Erdgas plus dem EUA-Preis multipliziert mit dem Erdgas-Emissionsfaktor von 0,2 tCO2/MWhth. Dies erhöht den Preisdruck auf Erdgas nach 2040. Eine sukzessive Verdrängung von Erdgas findet statt.

Ähnlich wie beim Erdgas wird bei Steinkohle, Erdöl und EUAs für die nächsten Jahre von Preisen ausgegangen, die dem durchschnittlichen Preisniveau an den Terminmärkten seit Mitte Februar 2022 entsprechen. Auch die Terminmarktpreise für Steinkohle und Erdöl sind bis Ende 2023 stark vom Risiko eines Embargos russischer Energieimporte beeinflusst.

Durch stärkere Weltmarktverflechtungen und niedrigere Infrastrukturhürden bei der Substitution stabilisieren sich die Preise ab 2024. Bis 2040 konvergieren sie zu den Werten, die im aktuellen World Energy Outlook der International Energy Agency (IEA, 2021) in den Szenarien „Stated Policies“ (für Steinkohle) und „Sustainable Development“[1] (für Erdöl) angenommen wurden.

Indes ist der gegenwärtige Preisschock auf diesen Commodity-Märkten anders als bei Erdgas nur von vorübergehender Natur. Die EUA-Preise sind neben allgemeinen Markteinflüssen vor allem durch das Policy-Design des EU ETS bedingt. Auch hier wird im „Central“-Szenario angenommen, dass die Preise bis 2040 zum entsprechenden Wert aus dem „Sustainable Development“-Szenario konvergieren.

Damit ergeben sich die in Abbildung 3 gezeigten Commodity-Preispfade. Im Vergleich zum heutigen Niveau sinken in diesem Szenario die Preise für Öl und Steinkohle kontinuierlich bis 2040. Der CO2-Preis stagniert bis 2030 auf einem Niveau von 74 EUR2020/tCO2, und steigt anschließend auf knapp 165 EUR/tCO2 in 2050.

Commodity-Preise (Quelle: World Energy Outlook 2021 („Sustainable Development“) und eigene Berechnungen von Energy Brainpool,

Abbildung 3: Commodity-Preise (Quelle: World Energy Outlook 2021 („Sustainable Development“) und eigene Berechnungen von Energy Brainpool, 2021)

Die Rolle von PV- und Windenergie

Einhergehend mit dem Ziel, die Importe von fossilen Energieträgern mittelfristig drastisch zu reduzieren und die Importabhängigkeit so schnell wie möglich zu beenden, nimmt das Szenario ein in der Zukunft stark dezentralisiertes Energiesystem mit einem deutlichen Zubau der erneuerbaren Energien an. Erreicht wird dies unter anderem dadurch, dass europaweit Hausbesitzer mehr PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften bauen, inklusive Stromspeicher. Für Deutschland entsprechen die Ausbaupfade den Zielen in der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes („EEG-Referentenentwurf“).

Abbildung 4 illustriert die Ausbauziele für PV und Wind aus dem EEG-Referentenentwurf und besonders den Zubau im Vergleich zum „EBP“-Szenario aus dem letzten EU Energy Outlook. Insbesondere bei PV steigt die Kapazität bis 2045 um mehr als das Doppelte auf 400 GW.

Auch für onshore und offshore Wind sehen die Pläne einen deutlichen Zubau auf 160 GW bzw. 70 GW in 2045 vor. Dieser Ausbau der Erneuerbaren geht einher mit einer steigenden Nachfrage nach flexibler Stromerzeugung. Neben der zunehmenden Produktion von Wasserstoff durch Elektrolyseure ist bis 2045 der Wärmesektor über einen weiteren Ausbau der Wärmepumpen vollständig dekarbonisiert. Im Verkehrssektor werden bis 2050 sowohl Pkws als auch Krafträder zu 95 % elektrifiziert.

Zubau der erneuerbaren Energien bis 2050 in Deutschland, Vergleich bisheriger Szenarioannahmen (EBP Q1) und Annahmen aus dem EEG-Referentenentwurf (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 4: Zubau der erneuerbaren Energien bis 2050 in Deutschland, Vergleich bisheriger Szenarioannahmen (EBP Q1) und Annahmen aus dem EEG-Referentenentwurf (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Auch für die übrigen EU-Staaten haben wir im Central-Szenario teilweise die erneuerbaren Kapazitäten angepasst. Die aggregierten europäischen Kapazitäten je Erzeugungstechnologie sind im folgenden Abschnitt dargestellt.

Wie sieht der europäische Kraftwerkspark der Zukunft aus?

Der Kraftwerkspark in Europa war besonders von fossilen Erzeugungskapazitäten dominiert (vgl. Abbildung 5). Vielfach haben die im Markt befindlichen Kraftwerke bereits ein hohes Alter erreicht und müssen bis 2050 ersetzt werden. Ausgenommen hiervon sind nur die bereits im Bau befindlichen Kraftwerke.

installierte Erzeugungskapazitäten in EU-27 (zzgl. NO, CH und UK) nach Energieträger (Quelle: Energy Brainpool,

Abbildung 5: installierte Erzeugungskapazitäten in EU-27 (zzgl. NO, CH und UK) nach Energieträger (Quelle: Energy Brainpool, 2021; EU Reference Scenario, 2016; entso-e, 2021)

Gleichzeitig fließen auch die Ergebnisse der europäischen Klimapolitik in die Entwicklung des europäischen Kraftwerkparks ein. Mittlerweile haben sich insgesamt elf EU-Staaten zu einem Kohleausstieg entschlossen. So wollen sie negative Auswirkungen der hohen CO2-Emissionen begrenzen. Für die Zukunft stehen bekannte und erprobte Technologien bereit: Gaskraftwerke, erneuerbare Energien so wie in einigen Märkten Kernkraftwerke. Vor allem Windkraft und Photovoltaik haben weiterhin ein großes Wachstumspotenzial. Diese Technologien sind heute dank der stark gesunkenen Kosten wettbewerbsfähig. Dies ist auch ersichtlich durch die ansteigende Anzahl PPA-basierter Projekte, insbesondere für Solaranlagen. Dieser Trend gerät durch den zunehmenden Kannibalisierungseffekt der Anlagen untereinander zunehmend unter Druck.

Im „EU Energy Outlook 2050“ steigt der Anteil dieser fluktuierenden erneuerbaren Energien (feE) bis in das Jahr 2050 auf rund 75 Prozent der gesamten Angebotsleistung. Zudem senkt ihre oft gleichzeitige Stromerzeugung den stündlichen Strompreis immer öfter und immer stärker. Alle erneuerbaren Technologien zusammen haben einen Anteil von 84 Prozent am Kraftwerkspark. Interessant ist dabei die Zuordnung von Gaskraftwerken, die, solange sie Erdgas verbrauchen als „fossile“ Stromerzeuger gelten. Durch den Wechsel auf grünen Wasserstoff werden sie jedoch zu „emissionsfreien“ Kraftwerken gerechnet.

Gaskraftwerke spielen eine große Rolle

An steuerbaren, fossilen Erzeugungskapazitäten werden auf europäischer Ebene in Zukunft vor allem Gaskraftwerke zugebaut. Sie weisen geringere Emissionen im Vergleich zu Kohlekraftwerken auf. Letztere verlieren selbst mit Carbon-Capture-Storage (CCS) weiter an Bedeutung. Allerdings bleibt abzuwarten, ob der bis spätestens 2027 geplante Importstopp für russisches Pipeline-Gas und der Bezug von teurerem LNG-Gas zumindest zeitweise zu einem geringeren Zubau von Gaskapazitäten führt.

Gleichzeitig können in modernen, „H2-fähigen“ Gasturbinenkraftwerken statt fossilem Erdgas auch Wasserstoff und andere synthetische Kraftstoffe verbrannt werden. Daher ist davon auszugehen, dass Gasturbinen und GuD-Kraftwerke auch auf lange Sicht eine wichtige Technologie bei der Stromerzeugung bleiben. So werden sie zumindest in Teilen zur emissionsfreien Erzeugung gerechnet.

Die Kapazitäten von Kernkraft- und Kohlekraftwerken verringern sich um mehr als 51 Prozent bis 2050. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, die Niederlande, Finnland, Italien, Irland, Portugal, Dänemark und Ungarn haben für die Zukunft Kohleausstiege angekündigt. Dadurch ist insbesondere bei der Steinkohle ein starker Rückgang der aktuell installierten Leistung um rund 78 Prozent bis zum Jahr 2050 zu beobachten.

In der Gesamtbetrachtung reduziert sich der Anteil der Erzeugungskapazität steuerbarer, thermischer Kraftwerke von aktuell rund 46 Prozent auf etwa 16 Prozent bis zum Jahr 2050. Dies hat einen erheblichen Einfluss auf die Struktur der Strompreise, welche zunehmend durch feE geprägt sind.

Warum steigt die Stromnachfrage bis 2050?

Die Stromnachfrage steigt bis 2050 um circa 31 Prozent, wie in Abbildung 6 dargestellt ist. Vor allem erhöht sich der Strombedarf:

  • durch die nationalen Wasserstoffstrategien,
  • die vermehrte Elektrifizierung von diversen Energiedienstleistungen in den Haushalten
  • sowie den Anstieg der Elektromobilität.
Bruttostromerzeugung und -nachfrage nach Energieträgern EU-27, zzgl. NO, CH und UK (Quelle: Energy Brainpool,

Abbildung 6: Bruttostromerzeugung und -nachfrage nach Energieträgern EU-27, zzgl. NO, CH und UK (Quelle: Energy Brainpool, 2022; EU Reference Scenario, 2016; entso-e, 2021).

Der Großteil des Wirtschaftswachstums findet laut Plänen der Europäischen Kommission im tertiären Dienstleistungssektor statt, welcher ebenfalls mehr Strom benötigt. Im Industriesektor kann durch eine höhere Effizienz verhindert werden, dass der Stromverbrauch deutlich steigt. Die produzierte Strommenge aus Kohlekraftwerken ist stark rückläufig. Ebenso nimmt sie bis 2030 um rund 68 Prozent und bis 2050 um rund 91 Prozent ab. Die Produktion aus Gaskraftwerken erhöht sich indes um rund 39 Prozent bis zum Jahr 2050.

Der Anteil erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung beträgt im Jahr 2050 74 Prozent. Dabei machen Wind- und Solaranlagen mit zusammen rund 45 Prozent den größten Anteil aus. Die restlichen Strommengen werden durch steuerbare, erneuerbare Energien produziert, wie zum Beispiel Biomassekraftwerke oder Speicherseen.

Weitere 25 Prozent des erzeugten Stroms werden ebenfalls emissionsfrei produziert, entweder in Kernkraftwerken (12 Prozent) oder in Gaskraftwerken durch die Verbrennung von grünem Wasserstoff (13 Prozent). Damit beträgt der Anteil der emissionsfreien Erzeugung in 2050 knapp 99 Prozent.

Entwicklung der durchschnittlichen Strompreise

Welche Faktoren beeinflussen, wie sich die durchschnittlichen, ungewichteten Baseload-Preise der Jahre 2023 bis 2050 entwickeln werden? Besonders relevant dafür sind die Rohstoff- und CO2-Preise sowie der Ausbau der erneuerbaren Energie. In den kommenden Jahren sind die Strompreise vom aktuell hohen Preisniveau an den Terminmärkten geprägt. Ab 2030 wirken die steigenden CO2-Preise preissteigernd auf die Strompreise.

Allerdings wird diese Entwicklung gedämpft durch die immer höheren Einspeisungen aus Wind- und Photovoltaik-Kraftwerken. Diese können nur teilweise von einer flexibler werdenden Stromnachfrage ausgeglichen werden. Hierdurch gibt es zunehmend Stunden mit geringen und häufiger auch negativen Strompreisen. Im Ergebnis steigen die realen Strompreise zwischen 2030 und 2050 nur leicht von 69 EUR/MWh auf 78 EUR/MWh.

Im Vergleich zur letzten Ausgabe des EU Energy Outlooks von November 2021 ist der Durchschnitt der Strompreise zwischen 2030 und 2050 nahezu gleichgeblieben. Während insbesondere der deutliche Anstieg des Gaspreises zu höheren Strompreisen zwischen 2030 und 2038 führt, bedingt der Zubau von Wind- und PV-Anlagen vor allem in Deutschland im niedrigeren Preise nach 2040.

Zwischen den einzelnen europäischen Ländern sind große Abweichungen sichtbar. Dies zeigen die dargestellten Schwankungsbreiten in Abbildung 7. Aufgrund der Entwicklung der Commodity-Preise verzeichnen insbesondere Länder mit einem geringen Ausbau von erneuerbaren Energien einen stärkeren Anstieg der Strompreise.

ährliche Baseload-Preise und Schwankungsbreite nationaler Einzelmärkte ausgewählter Staaten in Europa im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool

Abbildung 7: jährliche Baseload-Preise und Schwankungsbreite nationaler Einzelmärkte ausgewählter Staaten in Europa im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Betrachten wir die Strompreise auf monatlicher Basis, ist die Saisonalität und Volatilität des Strommarktes erkennbar (siehe Abbildung 8). Für den Winter zeigen die Analysen steigende Preise, bedingt durch die Temperatursensitivität der Stromnachfrage. Demgegenüber liegen die Strompreise im Sommer meist deutlich niedriger. Dieser Effekt wird durch den steigenden Anteil solarer Stromerzeugung verstärkt.

monatliche Baseload-Preise im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 8: monatliche Baseload-Preise im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Welche Erlöse können Windkraftanlagen erzielen?

Der Vermarktungswert ist der durchschnittliche mengengewichtete Strompreis, den Wind- und PV-Anlagen über das Jahr gerechnet am Spotmarkt erzielen können. Bei der Berechnung werden nur Erzeugungsstunden mit positiven Strompreisen berücksichtigt (inklusive 0 EUR/MWh).

Demgegenüber gibt die Vermarktungsmenge den Anteil der erzeugten Strommengen in diesen Stunden an der gesamten Erzeugungsmenge an. Das Produkt aus Vermarktungswert und Vermarktungsmenge ergibt den Capture-Preis. Im Gegensatz zum Vermarktungswert ist der Capture-Preis der durchschnittliche Jahreserlös am Strommarkt für die gesamte Erzeugungsmenge (also auch in Stunden mit negativen Strompreisen).

Wie Abbildung 9 zeigt, bleiben sowohl Vermarktungswert als auch Capture-Preis für Windanlagen ab dem Jahr 2030 nahezu konstant und nehmen erst am Ende des betrachteten Zeitraums leicht zu. Der Grund dafür sind steigende Kapazitäten. Die parallele Erzeugung durch eine höhere Anzahl von Anlagen verringert die Strompreise in diesen Stunden (Merit-Order-Effekt). Die Vermarktungsmengen gehen im EU-Durchschnitt nahezu gar nicht, in einzelnen Ländern wie beispielsweise Deutschland teilweise aber sehr deutlich zurück.

Vermarktungswerte und -mengen für Wind in ausgewählten EU-Staaten im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 9: Vermarktungswerte und -mengen für Wind in ausgewählten EU-Staaten im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Die vielen Stunden, in denen trotz des hohen Anteils von erneuerbaren Energien steuerbare, fossile Kraftwerke den Preis setzen, ermöglichen positive Erlösströme. Die Schwankungsbreite der Märkte zeigt, wie unterschiedlich die landesspezifischen durchschnittlichen Erlösmöglichkeiten von Windenergieanlagen sind.

Im White Paper „Bewertung der Strommarkterlöse von Anlagen fluktuierender erneuerbarer Energien“ definiert Energy Brainpool unter anderem die Indizes Vermarktungswert und -mengen. Diese Indizes ermöglichen es, die Erlöspotenziale von fluktuierenden, erneuerbaren Energien am Strommarkt realistisch einzuschätzen.

Welche Erlöse können Photovoltaik-Anlagen (Solar) erzielen?

Die Entwicklung des durchschnittlichen Vermarktungswerts und Capture-Preises von Photovoltaik-Anlagen fällt im Vergleich zu Wind in den 2040er-Jahre stärker ab (vgl. Abbildung 10). Grund hierfür ist der deutliche Zubau von PV-Kapazitäten, vor allem in Deutschland, in Verbindung mit dem stark ausgeprägten Gleichzeitigkeitseffekt bei PV. Denn der Großteil des Stroms wird in den Tagesstunden im Sommer erzeugt. In Stunden, in denen viel Solarstrom erzeugt wird, sinken die Strompreise und damit die Erlöse.

 Vermarktungswerte und -mengen für Solar ausgewählter EU-Staaten im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 10: Vermarktungswerte und -mengen für Solar ausgewählter EU-Staaten im Durchschnitt (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Auch bei PV bleiben die Vermarktungsmengen im EU-Durchschnitt nahezu konstant. Währenddessen gehen in einzelnen Ländern zeitweise deutlich zurück. Die große Schwankungsbreite der Solar-Vermarktungswerte in den Einzelstaaten zeigt, wie stark die Erlösmöglichkeiten variieren. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass in einem sonnenreichen Land auch mit geringen Vermarktungswerten hohe Erlöse möglich sind. Der Grund dafür ist, dass die Anlagen besser ausgelastet sind.

Schwankungen bedingt durch unterschiedliche Szenario-Annahmen

Energy Brainpool bietet aktuell drei Szenarien an. Abbildung 12 zeigt die unterschiedlichen Trends der Szenarien. Die Schwankungen betreffen hierbei sowohl die Annahmen zu der Entwicklung der Commodity-Preise sowie des Kraftwerksparks und der flexiblen Stromnachfrage.

Entwicklung der nachfragegewichteten Baseload-Preise und Quantile der Stundenpreise ausgewählter EU-Staaten (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Abbildung 11: Entwicklung der nachfragegewichteten Baseload-Preise und Quantile der Stundenpreise ausgewählter EU-Staaten (Quelle: Energy Brainpool, 2021)

Im Szenario „Tensions“ setzen sich die aktuellen Spannungen zwischen Russland und dem Westen in den kommenden Jahren fort. Demzufolge sind weiterhin hohe Rohstoffpreise auf den Terminmärkten zu beobachten. Europa beendet den Import von russischem Pipeline-Gas so früh wie möglich. Infolgedessen orientiert sich der Erdgaspreis am Weltmarktpreis für LNG. Dabei befinden stehen die europäischen Verbraucher im Wettbewerb um LNG mit den asiatischen Märkten. Mittelfristig führt dies auch zu einem hohen Erdgas-Preisniveau.

Gleichzeitig kommt es im Vergleich zum „Central“-Szenario zu einem Anstieg der CO2-Preise. Dies geschieht sowohl um zusätzliche Einnahmen zu generieren, um Staatsschulden zu refinanzieren, als auch um die technologische Entwicklung beim Einsatz von Wasserstoff zu fördern. In Deutschland geht der Ausbau der Erneuerbaren langsamer als geplant voran.

Das Szenario „Relief“ nimmt an, dass sich das Verhältnis zwischen Europa und Russland in den kommenden Jahren wieder entspannt. Folglich wird der Import von russischem Pipeline-Gas auch mittelfristig fortgeführt. Die während der aktuellen Krise beschlossenen Ausbauziele bei den Erneuerbaren, insbesondere in Deutschland, werden dennoch aufrechterhalten. Denn Ziel ist es, die europäische Importabhängigkeit bei den fossilen Energieträgern langfristig zu reduzieren.

 Abbildung 12 zeigt die dazugehörige Entwicklung der durchschnittlichen Strompreise in den jeweiligen Szenarien.

Entwicklung der Strompreise in den jeweiligen Strompreisen in EUR2020/MWh (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 12: Entwicklung der Strompreise in den jeweiligen Strompreisen in EUR2020/MWh (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Autoren: Christoph Kellermann, Alex Schmitt, Calvin Triems, Huangluolun Zhou

Last but not least

Sie interessieren sich für die Ergebnisse unseres letzten EU Energy Outlook vom November 2021? Dann empfehlen wir Ihnen unseren Blogbeitrag: Update: EU Energy Outlook 2050 – Wie entwickelt sich Europa in den nächsten 30 Jahren?

Wie Sie die Risiken stark schwankender Beschaffungspreise reduzieren können? Das zeigen wir Ihnen gern im passenden Live-Online-Training “Nachhaltige Beschaffungsstrategien” am 10./11. Mai 2022.

Quellen

[1] EU Reference Szenario, 2016: Energy, transport and GHG emissions – Trends to 2026 [online] https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/ref2016_report_final-web.pdf [zuletzt abgerufen am 01.11.2021].

[2] IEA, 2021: World Energy Outlook [online] https://www.iea.org/reports/world-energy-outlook-2021 [zuletzt abgerufen am 01.11.2021].

[3] entso-e, 2021 [online] https://tyndp.entsoe.eu/ [zuletzt abgerufen am 01.11.2021].

[1] In diesem Szenario sind drei Ziele definiert: Stabilisierung des Klimawandels, saubere Luft und ein universeller Zugang zu moderner Energie. Insbesondere wird angenommen, dass der Großteil der Industrieländer seine CO2-Emissionen im Jahr 2050 auf „netto-null“ reduziert hat, und der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur so auf 1,65 °C begrenzt wird.

Der Beitrag EU Energy Outlook 2050: Wie entwickelt sich der europäische Strommarkt in den nächsten 30 Jahren? erschien zuerst auf Energy BrainBlog.

Energiemarkt-Rückblick April 2022

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Die Ergebnisse der Solar- und Biomasseausschreibungen wurden bekannt gegeben. Sowohl die Kurzfrist- wie auch die Terminmärkte unterlagen starken Preisschwankungen. Die Stromerzeugung im April 2022 war gezeichnet von sonnigen Stunden.

Wie Europa sich von russischen Energieimporten unabhängig machen will

Russland kündigte Ende April 2022 an die Gasexporte nach Polen und Bulgarien anzuhalten, weil diese aus der Sicht von Moskau den Zahlungsforderungen nicht wie vereinbart nachgekommen wären. Zudem drohte der russische Präsident Wladimir Putin weiteren Staaten mit Gaslieferstopps, wenn die Zahlungen nicht in Rubel erfolgen sollten. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen machte jedoch deutlich, dass dies ein Verstoß gegen die EU-Sanktionen bedeuten würde. Bei einem Verstoß gegen die EU-Sanktionen drohen beteiligten Unternehmen Konsequenzen. Um diese zu umgehen, muss für das Bezahlen von Gas lediglich ein Konto bei der russischen Gazprombank eröffnet werden. Diese konvertiert den Euro oder Dollar in Rubel (Quelle: Tagesschau).

Bedingt durch die anhaltende geopolitische Krise haben die EU-Mitgliedstaaten eine Einkaufsplattform für Gas, LNG und Wasserstoff aufgebaut. Dadurch möchte man unabhängiger von russischen Energieimporten werden und gegen die starken Preisschwankungen von Erdgas reagieren.

Zudem stoppt Europa die russische Kohleeinfuhr ab dem 10. August. Neue potenzielle Lieferanten sind die USA, Südafrika, Kolumbien oder Australien. Im Gegenzug dazu sucht Russland seinerseits nach Abnehmern für die Energieexporte. Trotz des Krieges ist der Umsatz aus den Verkäufen fossiler Brennstoffe von Russland seit dem Ausbruch auf 63 Mrd. Euro gestiegen. Ein Grund hierfür sind die anhaltenden Lieferungen über Pipelines nach Europa in Kombination mit dem Preisanstieg von Gas (Quelle: Montel). Abbildung 1 zeigt den Verlauf des Gaspreises der letzten 5 Jahre. Der starke Preisanstieg seit Kriegsbeginn ist deutlich zu sehen.

Entwicklung des Gaspreises von Mai 2017 bis Mai 2022 (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 1: Entwicklung des Gaspreises von Mai 2017 bis Mai 2022 (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

An oberster Priorität steht es, die Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten. Mehr Informationen zum Thema der Auswirkungen eines russischen Erdgaslieferstopps nach Deutschland und Europa erhalten Sie in folgendem Blogbeitrag: „Warum es gut ist, dass die Gazprom Germania einer Treuhandverwaltung unterstellt wurde!

Maßnahmenpaket für energieintensive Unternehmen

Am 8. April kündigten Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein Maßnahmenpaket an. Damit möchte die Bundesregierung Unternehmen unterstützen, die aufgrund der hohen Energiepreise infolge des Russland-Ukraine-Krieges finanzielle Verluste zu verzeichnen haben.

Das Paket beinhaltet staatliche Hilfen für Unternehmen in Deutschland. Unter anderem ist ein Kreditprogramm der KfW vorgesehen. Bei nachgewiesener Betroffenheit erhalten Unternehmen aller Größenklassen und Branchen Zugang zu günstigeren Krediten mit vergünstigten Zinssätzen, um kurzfristig die Liquidität zu sichern.

Außerdem gibt es noch anderweitige Bürgschafts- und Zuschussprogramme. Energieintensive Unternehmen, die mit hohen Zusatzkosten aufgrund gestiegener Erdgas- und Strompreise konfrontiert sind, können einen direkten Zuschuss erhalten. Dabei wird ein Teil der Preisdifferenz der gezahlten Strom- und Gaskosten im Jahr 2022 im Vergleich zu den im Jahr 2021 angefallenen Kosten anteilig bezuschusst. Besonders betroffene Unternehmen erhalten einen höheren prozentualen Anteil und damit höhere Zuschüsse (Quelle: Bundesfinanzministerium).

Ausschreibungen für Solaranlagen erstmals nicht drastisch überzeichnet

Anfang März haben Ausschreibungen für Solaranlagen des ersten Segments stattgefunden. Demnach konnten Freiflächenanlagen und Solaranlagen auf baulichen Anlagen größer als 750 kW teilnehmen.

Insgesamt wurden 209 Gebote im Umfang von 1.116 MW eingereicht. Somit wurde die ausgeschriebene Menge nur leicht überzeichnet, wohingegen bei allen vergangenen Auktionen die Differenz zwischen eingereichter Menge und ausgeschriebener Menge deutlich höher war. Hauptgrund hierfür war das doppelt so hoch ausgeschriebene Volumen dieses Jahr im Vergleich zu den letzten Runden. Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Ausschreibungsmenge und der eingereichten Menge seit 2015.

Entwicklung der Ausschreibungsmenge und der eingereichten Menge für Solaranlagen des ersten Segments von April 2015 bis März 22 (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 2: Entwicklung der Ausschreibungsmenge und der eingereichten Menge für Solaranlagen des ersten Segments von April 2015 bis März 22 (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Bezuschlagt wurden 201 Gebote mit einer Gesamtleistung von 1.084 MW. Die im Gebotsverfahren ermittelten Zuschlagswerte liegen zwischen 4,05 ct/kWh und 5,55 ct/kWh und der mengengewichtete durchschnittliche Zuschlagswert liegt bei 5,19 ct/kWh.

Am 1. Juni und am 1. November 2022 stehen noch zwei weitere Ausschreibungen für das Segment an. Die nächste Runde hat ein etwas höheres Ausschreibungsvolumen von 1.126 MW.

Anders sieht es bei der Ausschreibung von Biomasseanlagen aus. Obwohl knapp 275 MW ausgeschrieben waren, wurden nur Gebote in Höhe von 81 MW eingereicht. Die Zuschlagswerte liegen zwischen 12,18 ct/kWh und 18 ct/kWh und der mengengewichtete durchschnittliche Zuschlagswert lag bei 15,75 ct/kWh (Quelle: Bundesnetzagentur).

Turbulente Entwicklungen am Terminmarkt und Frontjahr Strom erreicht neuen Rekordpreis

Die EU verhängt ein Embargo auf Steinkohle aus Russland. Demnach müssen ab dem 10. August alle Kohleimporte gestoppt werden. Deshalb erlebten die Kohlepreise in der ersten Hälfte des Monats einen Zuwachs um 40 Prozent. Nichtsdestotrotz bleiben die Einfuhren derzeit konstant wodurch sich der Preis auch wieder stabilisiert hat (Quelle: Montel).

Der Gaspreis bewegt sich eher seitwärts, aber über den Monat hinweg unterlag das Gas Frontjahr starken Preisschwankungen. Die Kriegssorgen haben den Verlauf der Terminmarktpreise stark beeinflusst.

Der Ölpreis gab mit dem strikten Corona-Lockdown in China nach, denn es breitete sich die Befürchtung aus, dass der Energieverbrauch drastisch gemindert wird. Mit den Maßnahmen wird der Ölverbrauch um 1,2 Mio. bbl/Tag fallen. Dem Verlauf der schwachen Ölpreise folgte auch der EUA-Leitkontrakt. Er schloss bei ungefähr 83 EUR/t EUA ab, jedoch sind Aufwärtstendenzen zu erkennen (Quelle: Montel).

Am Ende des Monats sorgte die Meldung, dass Russland die Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien einstellt für starke Preisbewegungen an den Energiemärkten (Quelle: energate-messenger). Nachdem das Stromfrontjahr bereits in diesem Monat die 200-EUR-Marke geknackt hatte, wurde die Commodity mit den Kohle- und Gaspreisen auf ein neues Rekordhoch von 204 EUR/MWh getrieben (Quelle: Montel).

Die prozentuale Preisentwicklung der Commodities ist in Abbildung 3 zu sehen.

prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangenfarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (rot Linie), des Frontjahrs Kohle (gelbe Linie) und des Frontjahrs der Ölsorte Brent (grüne Linie) von Anfang April bis Anfang Mai (Quelle: Montel, 2022)

Abbildung 3: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangenfarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (rot Linie), des Frontjahrs Kohle (gelbe Linie) und des Frontjahrs der Ölsorte Brent (grüne Linie) von Anfang April bis Anfang Mai (Quelle: Montel, 2022)

Wenig Wind, dafür öfters Sonne

Der April hat mit viel Wind gestartet, doch über den Rest des Monats lag die Windeinspeisung unter der saisonalen Norm. Die Leistung verzeichnete teilweise weniger als ein GW. Jahreszeitenbedingt wächst die Solareinspeisung und die Leistung lag öfters über 30 GW. Zusammengefasst betrug der durchschnittliche Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Deutschland im April 54,5 Prozent. Somit liegt der Wert sowohl über dem Jahresdurchschnitt als auch fünf Prozentpunkte über dem Vorjahreswert (Quelle: Energy-Charts). Zudem betrug die Nettostromerzeugungsmenge von den erneuerbaren Energieträgern knapp 21,59 TWh.

Die Temperatur zeigte über den Monat hinweg starke Schwankungen. So lag sie zu Beginn unter dem Durchschnitt und am Ende des Monats teilweise fünf Grad über der Norm. Der weitestgehend trockene April und die geringen Niederschläge im Frühsommer könnten zu Lieferschwierigkeiten beim Kohletransport oder zu Problematiken bei der Flusswasserabkühlung bei Anlagen führen (Quelle: Montel).

Stromerzeugung und Verbrauch im April 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts, 2022)

Abbildung 4: Stromerzeugung und Verbrauch im April 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts, 2022)

Was passierte im März 2022 auf dem Energiemarkt? Hier gehts zum vorherigen Blogbeitrag.

 

Quellenverzeichnis:

1 Energy Brainpool

2 Energy Brainpool

3 https://www.montelnews.com/

4 https://energy-charts.info/charts/power/chart.htm?l=de&c=DE&stacking=stacked_absolute_area&interval=month&year=2022&download-format=image%2Fjpeg&month=04

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Energiemarkt-Rückblick Juni 2022

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Seit dem 15. Juni hat Russland die Gasversorgung über die Pipeline Nord Stream 1 um 60 Prozent gesenkt.

Notfallplan Gas: Alarmstufe wurde ausgerufen

Wirtschafts- und Klimaschutzminister, Robert Habeck, (Grüne) hat angesichts niedriger Gasflüsse aus Russland die zweite Warnstufe im Notfallplan Gas ausgerufen. Damit wird die bislang geltende Frühwarnstufe abgelöst. Das bedeutet, dass der Markt weiterhin selbstständig die Versorgung aufrechterhalten kann. Aber die Bundesregierung ist ermächtigt, mit Maßnahmen ins Marktgeschehen einzugreifen (Quelle: energate-messenger).

Unter anderem hat die Bundesregierung dem deutschen Gasmarktgebietsbetreiber Trading Hub Europe (THE) 15 Mrd. Euro freigegeben, um Gas zu beschaffen. THE hat die Zielsetzung bis Oktober 80 Prozent und bis November 90 Prozent der Erdgasspeicher zu befüllen. Schlussendlich ist die Bundesnetzagentur dafür verantwortlich, zu prüfen, ob die Speicherziele erreicht werden. Gegebenenfalls kann sie eingreifen. Wenn Nord Stream 1 weiterhin auf dem aktuell niedrigen Niveau verharrt, wird es nicht möglich sein die Ziele für die Speicherfüllstände zu erreichen. Unklar ist zudem, ob Gazprom nach der Wartung im Juli 2022 den Betrieb von Nord Stream 1 wieder aufnehmen wird (Quelle: ndr).

Um die Energieversorgung zu sichern und unabhängiger von russischen Energielieferungen zu werden, wurden Kohlekraftwerke, die im Oktober dieses Jahr aus dem Netz gehen müssen, nun aufgefordert den Betrieb fortzusetzen (Quelle: Montel). Weiterhin sind die LNG-Importe nach Europa und in die Türkei um ein Drittel gewachsen. Im Schnitt wurden im Juni pro Woche 2,3 Mrd. m3 LNG importiert (Quelle: Montel).

EU-Parlament stimmt für Emissionshandel-Reform

Nach langer Diskussion hat das EU-Parlament sich auf eine Reform für den Emissionshandel geeinigt. In der Gesetzesänderung ist festgelegt, dass der jährliche CO2-Reduktionspfad auf 4,2 Prozent angehoben werden soll. Der derzeitige Reduktionsfaktor liegt bei 2,2 Prozent. Außerdem ist im Entwurf festgehalten, dass einmalig 117 Mio. Zertifikate aus dem Emissionshandel entzogen werden. Damit sollen Anreize für CO2-mindernde Maßnahmen geschaffen werden.

Es wird angestrebt, dass die CO2-Emissionen der Industrie 2030 gegenüber 2005 um 63 Prozent sinken. Damit wurde das Ziel um zwei Prozent angehoben (Quelle: Montel). Zu den Neuregelungen gehört auch, einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus für Importe in die EU (CBAM) einzuführen und einen EU-Klimasozialfond einzurichten. Der CBAM verhindert, dass sich die Produktion verlagert oder die Einfuhr von CO₂-intensiven Erzeugnissen. Ab 2027 bis 2032 gilt der CBAM zunächst für Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel und Strom. Danach erweitert sich die Regelung auch auf andere Waren. Ab 2032 laufen auch die kostenlosen Emissionszertifikate für die Industrie aus (Quelle: energate-messenger).

Trotz der hohen CO2-Preise ist der Treibhausgas-Emissionsausstoß in Deutschland 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozent gestiegen. Das ist größtenteils auf die wirtschaftliche Erholung nach der COVID-19-Pandemie zurückzuführen. Auf Aussage des Umweltbundesamtes gab es zudem eine geringe Windeinspeisung. Darüber hinaus führte der Anstieg vom Erdgaspreis dazu, dass immer mehr Stein- und Braunkohlekraftwerke genutzt wurden, um Strom zu erzeugen (Quelle: energate-messenger). Wie sich die Treibhausgase seit 1990 entwickelt haben, ist in Abbildung 1 dargestellt.

Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen seit 1990 nach Gasen (Quelle: Umweltbundesamt), Energiemarkt-Review Juni, Energy Brainpool

Abbildung 1: Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen seit 1990 nach Gasen (Quelle: Umweltbundesamt)

Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land deutlich unterzeichnet

Im Juni hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Ergebnisse der Ausschreibung veröffentlicht für Onshore-Windenergie-Anlagen vom 1. Mai 2022. Dabei hat die Bundesbehörde  für die ausgeschriebene Menge von 1,3 GW 114 Gebote über knapp 931 MW bezuschlagt. Erstmals war die Ausschreibung nach zwei überzeichneten Runden um 28 Prozent der ausgeschriebenen Menge unterzeichnet.

Die letzte Ausschreibungsrunde im Februar 2022 hingegen war mit 147 eingereichten Geboten leicht überzeichnet. Die Ausschreibungsmengen, wie auch die eingereichten Mengen aller Ausschreibungen für Onshore-Wind, sind in Abbildung 2 zu erkennen.

Ausschreibungsmengen und einreichte Mengen der Onshore-Windausschreibungen seit 2017 (Quelle: Energy Brainpool), Juni-Energiemarkt-Review

Abbildung 2: Ausschreibungsmengen und einreichte Mengen der Onshore-Windausschreibungen seit 2017 (Quelle: Energy Brainpool)

Der durchschnittliche, mengengewichtete Zuschlagswert lag in dieser Ausschreibungsrunde bei 5,85 ct/kWh. Dabei betrug der höchste Gebotswert 5,88 ct/kWh und der niedrigste Gebotswert 5,44 ct/kWh (Quelle: Bundesnetzagentur). Im Vergleich zur Ausschreibungsrunde im Februar mit 5,76 ct/kWh ist der durchschnittliche, mengengewichtete Zuschlagswert gestiegen. Die meisten Zuschläge erhielten mit insgesamt Projekte aus Schleswig-Holstein (224 MW) und Nordrhein-Westfalen (198 MW) und Niedersachsen (178 MW).

Dieses Jahr möchte die BNetzA insgesamt vier Gigawatt ausschreiben. Zu den drei geplanten Ausschreibungsrunden soll zudem eine weitere im Dezember stattfinden. Derzeit sind knapp 60 GW Onshore-Windkapazität installiert. Unter anderem möchte die Bundesregierung mittels der Ausschreibungen die Kapazität bis 2030 verdoppeln. Damit soll das angestrebte Ziel von 80 Prozent erneuerbarer Energien erreicht werden (Quelle: Montel).

Frontjahr Strom erzielt innerhalb einer Woche zwei Allzeithochs

Der stark wachsende Gaspreis wird durch die niedrigen Gasflüsse über Nord Stream 1 und die Angst vor einem Lieferstopp gestützt. Damit bewegt sich der Gaspreis derzeit auf dem dreifachen Niveau im Vergleich zum Vorjahr.

Über den Monat hinweg hat der Strompreis, getrieben durch die hohen Gaspreise, zugenommen. Nachdem der Deutsche Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Robert Habeck, die zweite Warnstufe für Gas ausgerufen hat, ist der Cal 23 auf ein Rekordhoch von 262 EUR/MWh gestiegen (Quelle: Montel). Aufgrund der niedrigen Handelsliquidität und der Angst vor einer Angebotsverknappung hat er kurz danach ein neues Allzeithoch von 282 EUR/MWh erreicht. Der kurze Rückgang zur Monatsmitte ist darauf zurückzuführen, dass die Bundesregierung zu dem Zeitpunkt den Plan für die Markteingliederung von Kohlekraftwerken vorgelegt hat (Quelle: energate-messenger).

In naher Zukunft werden damit Kraftwerke, die in Reserve waren, wieder an das Stromnetz angeschlossen. Das hat wiederum die Kohlepreise beflügelt, die über den Monat hinweg um 12 Prozent gewachsen sind. Zudem stützte der Preisanstieg am Gasmarkt CO2-Notierungen und den Kohlepreis. Die Kohlelagerbestände in den nordwesteuropäischen Terminals befinden sich auf einem 2,5 Jahreshoch – aufgrund der Befürchtung, zukünftig nicht genug Gas zur Verfügung zu haben (Quelle: Montel). Die Sorge um die Füllstände der Erdgasspeicher beflügeln die Preise auf den Terminmärkten weiterhin.

prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (rote Linie), des Frontjahres Gas am TTF (orangenfarbene Linie) und des Frontjahrs Kohle (gelbe Linie) von Anfang Juni bis Ende Juni (Quelle: Montel),Juni-Energiemarktreview, Energy Brainpool

Abbildung 3: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (rote Linie), des Frontjahres Gas am TTF (orangenfarbene Linie) und des Frontjahrs Kohle (gelbe Linie) von Anfang Juni bis Ende Juni (Quelle: Montel)

Viel Sonne und wenig Wind

Der Anteil an erneuerbaren Energien lag im Juni 2022 mit durchschnittlich 49,8 Prozent unter dem Wert der letzten zwei Monate, jedoch im Vergleich zum Vorjahr (46,2 Prozent) etwas höher. Über den Monat hinweg gab es eine geringe Windeinspeisung, sodass sich die Windenergie mit 5,2 TWh im Juni auf niedrigstem Niveau seit einem Jahr bewegte (Quelle: Energy-Charts). Die Solareinspeisung liegt mit 7,8 TWh auf den saisonalen Durchschnittswerten. Die niedrige Windeinspeisung hat die hohen Preise auf den Kurzfristmärkten gestützt.

Der Day-Ahead ist auf das höchste Niveau seit März gestiegen (Quelle: Montel). Die Preise auf den Kurzfristmärkten bewegen sich aufgrund der niedrigen Windeinspeisung und der allgemein hohen Brennstoffkosten auf hohem Niveau. Gaspreise notierten bis zu 140 EUR/MWh – dem höchsten Niveau seit Anfang März (Quelle: Montel).

In Abbildung 4 sind die Stromerzeugung und der Verbrauch im Juni 2022 dargestellt.

Stromerzeugung und Verbrauch im Juni 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts), Juni-Energiemarkt-Review, Energy Brainpool

Abbildung 4: Stromerzeugung und Verbrauch im Juni 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts)

Für alle Einsteiger in die Stromwirtschaft empfehlen wir unser Live-Online-Training „Starterkit Stromwirtschaft“ am 6. und 7. September

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Energiemarkt-Rückblick Juli 2022

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Gaskrise: Russland reduziert Gasfluss

Am 11. Juli starteten geplante Wartungsarbeiten an Nord Stream 1. Hierfür waren zehn Tage vorgesehen. Deshalb sind während den Wartungsarbeiten die Gasflüsse auf null gesenkt worden. Und schon vier Wochen vor der geplanten Wartung wurde die Kapazität auf 40 Prozent gedrosselt. Die rote Linie in Abbildung 1 zeigt den Import von Erdgas aus Russland über die Pipeline Nord Stream 1. Russland begründet die Senkung mit einer kaputten Gasturbine, die in Kanada repariert werden muss, wegen der Sanktionen aber wochenlang nicht mehr zurück geliefert wurde. Letztlich erteilte Kanada eine Ausnahmegenehmigung (Quelle: Handelsblatt).

Während den Wartungsarbeiten hatten viele Marktteilnehmer die Befürchtung, dass Russland die Gasflüsse ganz aussetzen wird. Das hat die Preise auf den Termin- und Kurzfristmärkten in die Höhe getrieben. Mehr dazu erfahren Sie in den nächsten Abschnitten (Quelle: Montel).

Ende Juli drohte der russische Energiekonzern Gazprom erneut mit weiteren Drosselungen. Ab dem 27. Juli werde die Kapazität auf unabsehbare Zeit auf 33 Mio. Kubikmeter/Tag runtergefahren, wenn eine weitere, sich in Kanada zur Reparatur befindende Turbine nicht rechtzeitig wieder zur Verfügung stehe. Das ist ungefähr die Hälfte der maximalen Kapazität. Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) kritisiert, dass die Drosselung nicht auf technische Probleme zurückzuführen, sondern dass die Handlung politisch motiviert sei. Zudem betont er, dass der Gasverbrauch in Deutschland und Europa gesenkt werden muss, um einen Ausweg aus der Energiekrise zu finden (Quelle: Der Tagesspiegel).

Abbildung 1: Tägliche physische Gasflüsse von Februar 2022 bis Juli 2022 (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 1: Tägliche physische Gasflüsse von Februar 2022 bis Juli 2022 (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Marktrückkehr von 6 GW aus der Netzreserve

Die Bundesregierung hat am 13. Juli 2022 eine Verordnung erlassen, nach der knapp 6 GW Netzreservekraftwerke in den Strommarkt zurückkehren dürfen. Dieser Beschluss gilt zunächst bis April 2023. Darunter fallen zum einen Kraftwerke, die bereits in Reserve sind, zum anderem 2,1 GW Steinkohlekraftwerke, die dieses Jahr den Strommarkt hätten verlassen sollen. Durch die Verordnung ist geplant, im Sommer Gas einzusparen, um die Reserven für den Winter weiter aufzustocken. Insgesamt sollen in diesem Winter in Deutschland 5-10 TWh eingespart werden. Der Brennstoff soll insbesondere in der Fernwärme und in der Industrie Einsatz finden.

Sofern es absehbar wird, dass die Marktteilnahme der Steinkohle- und Ölkraftwerke nicht ausreicht, soll ebenfalls die Versorgungsreserve Braunkohle am Strommarkt teilnehmen können. Robert Habeck (Grüne) hatte bereits angekündigt, dies auch schon vor Ausrufen der höchsten Alarmstufe des Gasnotfallplanes tun zu wollen (Quelle: Montel).

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte, dass die Rückkehr der fossilen Kraftwerke eine befristete Notfallmaßnahme und damit nur von kurzer Natur sei (Quelle: energate-messenger). Gleichzeitig beschloss der Bundestag den Wind- und Solarausbau auf 360 GW für 2030 anzuheben. Damit würde die derzeit installierte Leistung von 117 MW verdreifacht werden (Quelle: Montel).

Bundestag beschließt neue EEG-Novelle

Der Bundesrat hat am 8. Juli 2022 das vom Bundestag am 7. Juli 2022 verabschiedete Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor durchgewunken.

Die Maßnahmen in der Novelle untermauern das Ziel, 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Allen voran wurden ambitioniertere Ausbauziele für erneuerbare Energien beschlossen. Im Jahr 2030 sollen 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Um den Ausbau weiter zu verstärken, werden die Ausschreibungsmengen für PV und Wind erhöht. Insbesondere erhöht das Gesetz das Ausschreibungsvolumen für Freiflächenanlagen (Quelle: Euractiv).

Ausschreibungen für Anlagen zur Produktion von Strom aus grünem Wasserstoff in das EEG wurden ebenfalls eingefügt. Die Bundesnetzagentur versteigert im Jahr 2023 Förderungen für 800 MW Leistung zur Rückverstromung von grünem Wasserstoff. In den darauffolgenden Jahren steigt das Ausschreibungsvolumen um jeweils 200 MW.

Zusätzlich erhalten sogenannte Volleinspeiser mehr Vergütung. Das sind Anlagen, welche ihren Strom vollständig in das öffentliche Stromnetz einspeisen. Auch Überschussstrom aus neuen Eigenverbrauchsanlagen soll wieder deutlich besser vergütet werden. Zudem gelten die Vergütungssätze nicht erst ab 2023, sondern ab dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Abbildung 2 bildet die Erhöhung der Vergütungsmengen ab. Die EEG-Umlage, die bereits auf null gesenkt worden war, wurde nun endgültig abgeschafft. Die Änderungen treten zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft, spätestens jedoch zum 01.01.2023 (Quelle: Bundesrat).

Abbildung 2: Fördersätze nach Anlagentyp und –größe in ct/kWh (Quelle: Ökozentrum, 2022)

Abbildung 2: Fördersätze nach Anlagentyp und –größe in ct/kWh (Quelle: Ökozentrum, 2022)

Nord Stream 1 schürt Unsicherheit und treibt Preise

Die Gasversorgung von Nord Stream 1 hält den Terminmarkt weiter in Atem. Zu Beginn des Monats drosselte Russland die Gasflüsse durch Nord Stream 1. Die darauffolgenden zehn Tage Wartungsarbeiten trugen dazu bei, dass der Gaspreis stark anstieg. Am 15. Juli sind die Gaspreise mit Rückkehr norwegischer Gasflüsse gefallen. Diese konnten aufgrund von ungeplanten Reparaturen kurzzeitig nicht verwendet werden.

Gegen Ende des Monats stieg der Gaspreis mit der Ankündigung Gazproms, ab Mittwoch nur noch 20 Prozent der vollen Kapazität zu liefern. Die Marktteilnehmer befürchten einen Gasmangel im Winter und das treibt deutlich die Preise.

Der Strompreis orientiert sich am Gaspreis und erzielte Anfang des Monats ein erstes Allzeithoch bei 350 EUR/MWh. Am Ende des Monats stieg das Cal 23 Base Prozent auf ein bis dahin neues Allzeithoch bei 380 Euro/MWh (Quelle: energate-messenger).

Angesichts der sich weiter verschärfenden Gaskrise und damit verbundenen Rezessionssorgen sinkt der EUA-Leitkontrakt über den Monat um zwölf Prozent. Am 20. Juli fiel der CO2 Dezember-Future auf 79,01 Euro/t CO2 ab auf den tiefsten Stand seit Mitte Mai. Die volatilen Notierungen werden weiter durch Unsicherheiten am Gasmarkt gestützt (Quelle: energate-messenger).

Die prozentuale Preisentwicklung der Commodities ist in Abbildung 3 zu sehen.

Abbildung 3: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangefarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (grünee Linie) und des Frontjahrs Kohle (rote Linie) von Anfang Juni bis Ende Juli (Quelle: Montel, 2022)

Abbildung 3: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangefarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (grünee Linie) und des Frontjahrs Kohle (rote Linie) von Anfang Juni bis Ende Juli (Quelle: Montel, 2022)

Wenig Wind und hohe Temperaturen

Der Anteil an erneuerbare Energien an der Nettostromerzeugung war mit 51,5 Prozent im Juli etwa vier Prozent höher als im Vorjahr und liegt auf dem Jahresdurchschnitt. Die Nettostromerzeugungsmenge von den erneuerbaren Energieträgern betrug knapp 35,5 TWh. Genauer gesagt, bewegte sich die Solareinspeisung auf normalem Niveau, dahingegen lag die Windeinspeisung unter dem Durchschnitt. Die Temperaturen bewegen sich auf einem ungewöhnlich hohen Niveau und liegen etwa drei Grad über der Norm. Die Hitzewelle in Deutschland stützt die Preise auf den Kurzfristmärkten (Quelle: Montel).

Der Day-Ahead-Preis überstieg die Hürde von 400 Euro/MWh. Für den Baseload-Kontrakt am 27. Juli wurden im Handel der EPEX SPOT 424,49 Euro/MWh fällig. Der Grund für das hohe Niveau sind neben geringer Winderzeugung auch die Unsicherheit über die Entwicklung von Nord Stream 1 und die geringe Erzeugung von französischer Kernkraftwerke. Der Spotpreis hatte im März diesen Jahres das erste Mal so ein hohes Niveau erreicht und stieg auf das Rekordniveau von 485,57 Euro/MWh (Quelle: energate-messenger).

In Abbildung 4 sind die Stromerzeugung und der Verbrauch im Juli 2022 dargestellt.

Abbildung 4: Stromerzeugung und Verbrauch im Juli 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts, 2022)

Abbildung 4: Stromerzeugung und Verbrauch im Juli 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts, 2022)

Sie verfolgen unseren Energiemarkt-Rückblick? In unserem Live-Online-Training „Starterkit Stromwirtschaft“ am 6. und 7. September lernen Sie, Entwicklungen am Strommarkt zu analysieren.

 

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 3: https://www.montelnews.com/

Abbildung  4: https://energy-charts.info/charts/power/chart.htm?l=de&c=DE&stacking=stacked_absolute_area&interval=month&year=2022&month=07&download-format=image%2Fjpeg

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Spotmarktpreise für Strom brechen alle Rekorde

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In den meisten europäischen Ländern bilden sich die kurzfristigen Preise für die physische Lieferung von Strom über Spotmärkte an Energiebörsen. Der Day-Ahead-Markt spielt mit etwa 80 Prozent des börslich gehandelten Volumens die größte Rolle. Hierbei werden täglich die stündlichen Strompreise des nächsten Tages (Day-Ahead) durch eine Auktion mit Erzeugern und Abnehmern bestimmt. Generell beeinflussen also sowohl die Anbieter als auch die Nachfrage durch ihre Gebote und Mengen die Höhe der Preise.

Day-Ahead als Leitmarkt

Auf der Erzeugerseite bestimmen die kurzfristigen Erzeugungskosten des letzten Kraftwerks, welches die Nachfrage deckt, den Preis. Alle Erzeuger erhalten diesen Preis und alle Abnehmer von Strom müssen diesen Preis zahlen. Die Preiselastizität auf Stromkäuferseite ist sehr gering. Dies bedeutet, dass die Nachfrage nach Strom nur gering auf Preisveränderungen reagiert.

Energieversorger müssen auch bei hohen Preisen am Spotmarkt Strom für ihre Kunden kaufen, um diese weiterhin beliefern zu können. Dennoch wirkt sich ein geringerer Strombedarf durch Effizienzmaßnahmen in der Industrie oder Einsparungen in Haushalten auf die Nachfrage aus und wirkt preissenkend.

Fossile Energieträger treiben Preise

Thermische Kraftwerke wie Kohle- und Gaskraftwerke sind in vielen Stunden am Day-Ahead-Markt preissetzend. Wobei deren spezifische Stromerzeugungskosten stark von fossilen Energieträgern abhängen. Ein Anstieg von Kohle- und Gaspreisen schlägt sich auch in den Strompreisen nieder. Abbildung 1 zeigt die durchschnittlichen Grenzkostenbestandteile von Gas- und Steinkohlekraftwerken seit Q4 2021.

Entwicklung der Kostenbestandteile der Grenzkosten von Gas- (Effizienz: 55 %; Emissionsfaktor: 0,2 t/MWh) und Steinkohlekraftwerken (Effizienz: 43 %; Emissionsfaktor: 0,35 t/MWh), (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 1: Entwicklung der Kostenbestandteile der Grenzkosten von Gas- (Effizienz: 55 %; Emissionsfaktor: 0,2 t/MWh) und Steinkohlekraftwerken (Effizienz: 43 %; Emissionsfaktor: 0,35 t/MWh), (Quelle: Energy Brainpool)

Hierbei wird deutlich, dass die fossilen Energierohstoffe und nicht die Kosten für CO2-Zertifikate die Preistreiber sind. Der Kostenanteil der CO2-Zertifikate ist im Zeitverlauf gesunken. Außerdem zeigt sich ebenfalls, dass Kohleverstromung gegenüber Gasverstromung kostengünstiger ist: Die Gaspreise sind sehr viel stärker gestiegen als die Kohlepreise. Insbesondere der Gaspreis ist aufgrund der Liefereinschränkungen Russlands im Vergleich zu Beginn 2021 um mehr als 1000 Prozent gestiegen. So gehen die derzeitigen Preisausschläge am Spotmarkt vor allem auf die sehr hohen Preise fossiler Primärenergieträger wie Kohle und Erdgas zurück.

Abbildung 2 zeigt die Day-Ahead-Preise an der EPEX SPOT für Deutschland seit 2019. Es ist ersichtlich, dass die Strompreise schon seit Mitte 2021 vom langjährigen Mittel abweichen und nach oben gehen.

tägliche Day-Ahead-Preise an der EPEX SPOT für Deutschland (2015 bis Jul 2022), Quelle: Energy Brainpool

Abbildung 2: tägliche Day-Ahead-Preise an der EPEX SPOT für Deutschland (2015 bis Jul 2022), Quelle: Energy Brainpool

Entwicklung in anderen EU-Ländern

Die kurzfristigen Strompreise liegen auch in anderen europäischen Ländern auf Rekordniveau. Im speziellen sind Frankreich, Italien und die baltische Region betroffen. In Frankreich liegen die Strompreise höher als in Deutschland. Die geringe Verfügbarkeit der französischen Kernkraftwerke aufgrund wetter- und reparaturbedingter Ausfälle macht sich im Nachbarland bemerkbar. Derzeit erzeugen nur etwa 40 Prozent der Kernkraftkapazitäten in Frankreich auch Strom: ein 30-Jahres-Negativrekord (Quelle: Montel).

Der europäische Stromhandel wird an der EPEX SPOT auch grenzübergreifend abgewickelt. Deshalb  floss in diesem Jahr häufiger Strom aus Deutschland nach Frankreich, da der dortige Verbrauch nicht vollständig durch eigene französische Erzeugung gedeckt werden konnte, beziehungsweise noch teurer gewesen wäre als die Erzeugung in und der Import aus Deutschland. Die Stromexporte von Deutschland nach Frankreich haben sich im zweiten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahr versechsfacht (Quelle: Montel). Auch durch die geringe Stromerzeugung der französischen Kernkraftwerke haben sich die deutschen Day-Ahead-Strompreise insbesondere seit Mai 2022 erhöht. Abbildung 3 zeigt den monatlichen Durchschnitt der Day-Ahead-Preise für ausgewählte europäische Länder seit Beginn des Jahres und verdeutlicht den Anstieg in fast allen Ländern.

monatlicher Durchschnittspreis an den Day-Ahead-Märkten ausgewählter europäischer Länder, Quelle: Energy Brainpool

Abbildung 3: monatlicher Durchschnittspreis an den Day-Ahead-Märkten ausgewählter europäischer Länder, Quelle: Energy Brainpool

Da die iberische Halbinsel weniger stark ins europäische Verbundnetz integriert ist, ziehen die mitteleuropäischen Märkte mit hohen Preisen den spanischen Day-Ahead weniger stark mit nach oben. Weitere Gründe für die rückläufigen Strompreise in Spanien seit Juni 2022 sind die eigenständige Versorgung Spaniens durch Flüssigerdgas und somit geringere Energieträgerpreise als in anderen EU-Staaten, sowie ein staatlich verordneter Höchstpreis für Erdgas, welches in Gaskraftwerken zur Erzeugung verwendet wird (Quelle: EU Kommission). Der Preis von Erdgas für die Stromerzeugung wurde durch die spanische Regierung auf 48,8 EUR/MWh beschränkt. Im Vergleich dazu liegen die Gaspreise am Spotmarkt in Mitteleuropa Stand Ende August bei über 240 EUR/MWh.

Auch in den baltischen Staaten sind derzeit Spotpreise für Strom von über 1000 EUR/MWh keine Seltenheit. Am 16. August 2022 erreichte der Spotpreis für eine Stunde sogar die Marke von 4000 EUR/MWh, da nicht genügend Erzeugungskapazitäten bereitstanden. Der litauische Übertragungsnetzbetreiber Litgrid aktivierte daraufhin 50 MW an Spitzenlastkapazitäten, um die Fehlmenge bereitzustellen (Quelle: Montel). Hintergrund für die Verhältnisse in den baltischen Staaten ist die möglichst schnelle Auflösung der Netzverflechtung von Russland.

Strombörsen müssen Maximalpreis erhöhen

Tatsächlich sind der minimale und der maximale Strompreis in der Day-Ahead-Auktion gedeckelt. So konnten lange Zeit nur Gebote zwischen -500 EUR/MWh und +3000 EUR/MWh abgegeben werden. Jedoch haben die Betreiber der europäischen Strombörsen schon im Jahr 2017 festgelegt, dass der maximal mögliche Preis um 1000 EUR/MWh erhöht werden muss, wenn der Preis in einem Strommarkt über 60 Prozent des vorherigen Maximums lag. Diese angepassten Gebotshöhen sollen es ermöglichen, dass der Stromhandel auch in Extremsituation weiterhin funktioniert.

Schon im Frühjahr 2022 haben die Strombörsen eine Erhöhung des Maximalpreises auf 4000 EUR/MWh implementiert. Der Auslöser war ein Preis von 2987,88 EUR/MWh für die Stunde von 8 bis 9 Uhr am 4. April 2022 in Frankreich (Quelle: Montel). Ende August haben die Strombörsen festgelegt, dass der Maximalpreis aufgrund des Erreichens des Grenzwertes in den baltischen Staaten europaweit auf 5000 EUR/MWh angehoben wird. Die Umsetzung soll am 20. September erfolgen.

Ausblick auf den Winter

Die Strompreise an den Spotmärkten sind im Winter aufgrund des höheren Stromverbrauchs generell höher als im Frühjahr und Sommer. In diesem Jahr kommt zusätzlich die Angst vor einer Gasknappheit hinzu. Da zu Spitzenzeiten des Strombedarfs oft Gaskraftwerke den Preis am Day-Ahead-Markt bestimmen, ist davon auszugehen, dass geringe Gasimporte im Winter sowohl die Gas- als auch die Strompreise auf neue Rekorde heben werden.

Folgende Hauptrisiken können die Knappheitssituation verstärken:

  • ein kalter Winter,
  • ein verringertes Angebot von LNG aufgrund steigender Preise in Asien,
  • eine nicht ausreichend starke Reduktion der Gasnachfrage in Europa,
  • ein völliges Ausbleiben von russischen Gaslieferungen und
  • weiterhin geringe Verfügbarkeit der französischen Kernkraftflotte.

Einen Ausblick auf die Marktpreise ermöglicht der Terminmarkt. Händler können dort einen Lieferzeitraum in der Zukunft handeln. Die heutigen Preise am Terminmarkt spiegeln also den erwarteten durchschnittlichen Strompreis der Lieferperiode des jeweiligen Produktes wider. Ende August 2022 lag der Preis für die Grundlastlieferung Strom für das vierte Quartal für Deutschland bei über 1000 EUR/MWh. Auch hier stiegen die Preise seit der 60-prozentigen Reduktion der russischen Gaslieferung durch die Pipeline Nord Stream 1 Mitte Juni 2022.

Ende August stiegen die Preise extrem an. Hintergrund dafür war die weitere Ankündigung von Gazprom, die Gaslieferung über Nord Stream 1 für die ersten Septembertage zu unterbrechen. Demgegenüber fielen die Preise Anfang September aufgrund der hohen Füllstände der deutschen Gasspeicher und den Ankündigungen der EU, in die Preisbildung an den Spotmärkten für Strom einzugreifen (Abbildung 4).

Entwicklung des Preises für Grundlastlieferung Strom für Deutschland im vierten Quartal 2022, Quelle: Montel

Abbildung 4: Entwicklung des Preises für Grundlastlieferung Strom für Deutschland im vierten Quartal 2022, Quelle: Montel

Es bleibt sehr spannend, wie und ob sich die politischen Ankündigungen zu Eingriffen in die Preisbildung an den Strommärkten realisieren. Generell gilt nach heutiger Marktlage noch immer: höhere Spotmarktpreise für die letzten drei Monate des Jahres 2022 als jemals zuvor. Es bleibt zu hoffen, dass sich alle Verbraucher, vom Industrie- bis zum Haushaltskunden, auf höhere Preise durch verstärkte Energieeinsparung und dem Heben von Effizienzmaßnahmen vorbereiten.

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Energiemarkt-Rückblick August 2022

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Darüber hinaus soll eine grundlegende EU-Strommarkt-Reform auf den Weg gebracht werden. Die Ausschreibungen für Solaranlagen des zweiten Segments wurden erneut deutlich unterzeichnet. Erdgas hat einen hohen Anteil am deutschen Strommix.

Das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition

Ende August hat sich bereits abgezeichnet, dass ein drittes Entlastungspaket der deutschen Regierung kommen wird. Das Paket wurde in der ersten Septemberwoche 2022 vorgestellt und bringt einige wichtige Neuerungen auch für den Energiemarkt mit sich.

Zum einen soll eine Strompreisbremse sowohl Bürger:innen als auch kleine und mittelständische Unternehmen mit Versorgertarif entlasten. Angedacht sind hier niedrigere Preise in der Basisversorgung. Somit soll der Anreiz zum Energiesparen weiterhin erhalten bleiben, die Strompreise insgesamt aber sollen sinken. Außerdem soll der Anstieg der Netzentgelte, welche von den Stromkund:innen bezahlt werden, reduziert werden. Die Finanzierung der zuvor genannten Strompreisbremse soll teilweise über Zufallsgewinne von Stromproduzenten gesichert werden.

Zum anderen wird die anstehende Erhöhung des CO2-Preises für den nationalen Brennstoffemissionshandel um ein Jahr nach hinten verschoben auf den 1. Januar 2024. Regulär würde der CO2-Preis für fossile Brennstoffe wie Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas bereits zum 1. Januar 2023 um fünf EUR/t steigen. (Quelle: Bundesregierung, tagesschau)

Das Auf und Ab der Gasbeschaffungsumlage

Bereits Ende Juli 2022 haben sich die Meldungen im Hinblick auf eine geplante Umlage für Gaskunden verdichtet. Am 5. August trat die Verordnung der zeitlich befristeten Gasumlage in Kraft. Der Kerngedanke der Umlage ist es, die Energieversorgung in Deutschland zu sichern. Gasimporteure, die aufgrund der Drosselung russischer Lieferungen kurzfristig teure Ersatzbeschaffungen tätigen müssen, sollen dabei entlastet werden. Die anfallenden Extrakosten der Importeure werden dabei an alle Verbraucher weitergegeben (Quelle: tagesschau).

In der Verordnung der zeitlich befristeten Gasumlage bis 1. April 2024 können Gasimporteure ab dem 1. Oktober ihre Zusatzkosten weiterreichen. Der Eigenanteil der Gasimporteure an den zu tragenden Mehrkosten liegt bei 10 Prozent (Quelle: Bundesministerium der Justiz). Die Mehrkosten der Gasimporteure wurden bis zum 15. August an die Trading Hub Europe (THE) gemeldet, um die Gasumlage zu berechnen und entsprechend zu veröffentlichen. Unter Berücksichtigung der prognostizierten Kosten und Erlöse sowie der prognostizierten Ausspeisemenge hat die THE die Gasbeschaffungsumlage auf 2,419 ct/kWh festgelegt (Quelle: BNetzA).

Aufgrund von scharfer Kritik aus FDP und SPD soll die Verordnung nun überarbeitet werden. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte zu, die Gasumlage bis Ende August zu ändern. Die Änderung soll verhindern, dass Unternehmen ohne wirtschaftliche Not durch die Zusatzzahlungen der Gaskunden profitieren (Quelle: tagesschau).

Das europäische Strommarktmodell im Wandel?

Eine Entkopplung von Gas- und Strompreisen könnte den anhaltenden Anstieg der Strompreise dämpfen. Daher hat die deutsche Bundesregierung am 26. August 2022 kundgetan, diese Koppleung zu prüfen – unterstützt von der Europäischen Kommission und Österreich . Ziel der Reform sei eine Entkoppelung der Endkundenpreise für Strom vom steigenden Gaspreis.

Die Preise am Großhandelsmarkt für Strom werden durch die Einsatzreihenfolge der an der Strombörse anbietenden Kraftwerke – die Merit-Order – ermittelt. Das letzte Kraftwerk, das benötigt wird, um die Nachfrage zu decken, setzt mit seinem Gebot den Marktpreis fest. Da das häufig Gaskraftwerke sind, führt das bei den aktuell hohen Gaspreisen zu deutlich höheren Strompreisen.

Ein möglicher Eingriff, der zur Debatte steht, ist die Einführung einer Übergewinnsteuer, auf die Mehrgewinne, die die Stromkonzerne durch die steigenden Strompreise erzielt haben. Hier kann ein Blick über den Tellerrand nicht schaden. In Spanien und Italien gibt es bereits Steuern auf Übergewinne und Belgien, Österreich und Frankreich ziehen einen solchen Schritt ebenfalls in Betracht (Quelle: tagesschau, zdf).

Als Reaktion auf Kritik von verschiedenen Seiten wies das Bundeswirtschaftsministerium darauf hin, dass das Konzept der Merit-Order unverändert bleibt. Jedoch sollen problematische Auswirkungen der Merit-Order für die Stromkunden geändert werden.

Die hohe Komplexität dieser Reform erfordert eine mittelfristige Zeitspanne, da auch europäische Partner und die Europäische Kommission mit einbezogen werden müssen (Quelle: zdf).

Erneut deutliche Unterzeichnung des Ausschreibungsverfahrens

Zum zweiten Mal fand in diesem Jahr das Ausschreibungsverfahren für Solaranlagen des zweiten Segments statt. Um an dem Ausschreibungsverfahren teilnehmen zu können, gelten für die Solaranlagen folgende Bedingungen. Sie müssen:

  • auf, an oder in einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand errichtet werden,
  • eine installierte Leistung von mehr als 300 kWp haben und
  • ihren Standort in Deutschland haben.

Es sind 115 Gebote mit einem Volumen von 214 MW eingegangen. Die ausgeschriebene Menge wurde wie in der ersten Ausschreibung auf 767 MW festgelegt und erneut deutlich unterzeichnet. Der durchschnittliche, mengengewichtete Zuschlagswert ist um 0,31 Cent auf 8,84 ct/kWh angestiegen.

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Ausschreibungsmenge, der eingereichten Menge, der Zuschlagsmenge und des durchschnittlichen mengengewichteten Zuschlagswerts der vergangenen Ausschreibungen.

Entwicklung der Ausschreibungsmenge, der eingereichten Menge der Zuschlagsmenge und des durchschnittlichen mengengewichteten Zuschlagswertes für Solaranlagen des zweiten Segments von Juni 2021 bis August 22 (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 1: Entwicklung der Ausschreibungsmenge, der eingereichten Menge der Zuschlagsmenge und des durchschnittlichen mengengewichteten Zuschlagswertes für Solaranlagen des zweiten Segments von Juni 2021 bis August 22 (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Unschwer zu erkennen ist, dass sich an der eingereichten und dementsprechend auch an der bezuschlagten Menge im Vergleich zum April nahezu nichts verändert hat. Es bleibt also mit Spannung abzuwarten, ob sich in der zusätzlichen dritten Ausschreibungsrunde im Dezember 2022 eine stärkere Abweichung zeigt (Quelle: BNetzA).

Der zweite Gebotstermin der Innovationsausschreibungen des Jahres 2022 hat sich hingegen von 1. August auf den 1. Dezember 2022 verschoben (Quelle: BNetzA).

Die unerwartete Wende am Terminmarkt?

Die Ankündigung von weiteren Wartungsarbeiten an der Nordstream 1 Pipeline hat zunächst für weitere drastische Sprünge im Gaspreis gesorgt. Gazprom überprüft und wartet erneut eine Turbine, und zwar vom 31. August bis zum 2. September. Nach Ankündigung der Wartung schossen die Preise am Terminmarkt am 22. August zunächst um 10 Prozent nach oben. Bis zum Ende des Monats hat sich eine ähnliche Entwicklung aufgrund der Unsicherheiten gezeigt und in den Preisen widergespiegelt. Mit einem Allzeithoch schloss das Frontjahr 2023 für TTF am 26. August mit 310,60 EUR/MWh (Quelle: Montel).

Seit 29. August bewegt sich der Gaspreis jedoch stark abwärts. Grund hierfür sind auch die bereits gut gefüllten Gasspeicher (Quelle: Spiegel).

Stark beeinflusst durch den Gaspreis hat der Strompreis auch exorbitante Höhen erreicht. Am 26. August schloss das Frontjahr 2023 mit einem Allzeithoch bei 985 EUR/MWh. Jedoch haben die Preise durch die Ankündigung der Europäischen Kommission, ein Notfallinstrument zur Stabilisierung des Strommarktes einzusetzen, stark abgegeben.

Der EUA-Leitkontrakt Dezember 22 hat zunächst an Fahrt aufgenommen und am 19. August ein Allzeithoch von 98,01 EUR/t CO2 erreicht. Anhaltende Rezessionssorgen, ein schwächerer Euro und der insgesamt schlechtere Ausblick für die Wirtschaft haben jedoch erneut für einen starken Verlust bis zum Ende des Monats gesorgt (Quelle: Montel).

Die prozentuale Preisentwicklung der Commodities ist in Abbildung 2 zu sehen.

prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangefarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (grüne Linie) und des Frontjahrs Kohle (rote Linie) von Anfang Juni bis Ende Juli (Quelle: Montel, 2022), Energy Brainpool

Abbildung 2: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangefarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (grüne Linie) und des Frontjahrs Kohle (rote Linie) von Anfang Juni bis Ende Juli (Quelle: Montel, 2022)

Hoher Anteil an Erdgas am Strommix

Der Anteil an erneuerbaren Energieträgern an der Nettostromerzeugung lag mit 44,8 Prozent im August 2022 etwa sechs Prozent unter dem bisherigen Jahresdurchschnitt. Im Vergleich zum Vorjahreswert von 53,7 Prozent lag der Anteil jedoch um 8,9 Prozentpunkte deutlich niedriger. Der niedrigere Anteil im August dieses Jahres ist vor allem auf eine schwächere Windeinspeisung zurückzuführen. Folglich betrug die Nettostromerzeugungsmenge erneuerbarer Energieträger im August 2022 knapp 17,6 TWh im Vergleich zu 19,1 TWh im Vorjahr.

Der relativ hohe Anteil an Erdgas im deutschen Strommix im August von 11 Prozent liegt deutlich über dem Wert von 2 Prozent im Vorjahresmonat. Am Spotmarkt erreichte der Gaspreis für THE am 26. August einen Rekordwert in Höhe von 314 EUR/MWh. Zum 31. August ist dieser jedoch wieder auf knapp 200 EUR/MWh gefallen.

Bedingt durch die hohen Gaspreise, haben sich auch die Strompreise am Spotmarkt stark nach oben bewegt. Am 29. August erreichten die Day-Ahead-Strompreise für Deutschland das erste Mal 871 EUR/MWh und somit das Vierzehnfache des Durchschnitts seit 01. Januar 2015.

Abbildung 3 zeigt die Stromerzeugung, den Verbrauch und die entsprechenden Spotpreise im August 2022.

Stromerzeugung, Verbrauch und Spotpreis im August 2022 in Deutschland, Energy Brainpool

Abbildung 3: Stromerzeugung, Verbrauch und Spotpreis im August 2022 in Deutschland

(eigene Darstellung; Quelle: Entso-e transparency)

Sie fragen sich, wie genau der Handel funktioniert und vor allem, wie es zu diesen enorm hohen Preisen kommen kann? Genau zu diesen spannenden Fragen empfehlen wir unser Live-Online-Training „Stromhandel an Spot- und Terminmärkten“ am 9. und 10. November 2022.

Und was ist noch gleich im Juli 2022 auf dem Energiemarkt passiert? Hier geht es zum vorherigen Blogbeitrag.

Weitere Quellen:

Zusätzliche Kosten für Verbraucher: Gasumlage wohl ab Oktober bis 2024 | tagesschau.de

GasPrAnpV – nichtamtliches Inhaltsverzeichnis (gesetze-im-internet.de)

THE_FAQ_Speicher_Gasumlage.pdf (bundesnetzagentur.de)

Bundesregierung: Habeck sagt Änderung der Gasumlage zu | tagesschau.de

Übergewinnsteuer für Konzerne: Andere EU-Staaten machen es vor | tagesschau.de

Übergewinnsteuer: Was Italien zum Vorbild macht – ZDF heute

Preise sollen sinken: Habeck will Strommarkt reformieren – ZDFheute

Bundesnetzagentur – Gebotstermin 1. August 2022

Bundesnetzagentur – Ausschreibungsverfahren

Robert Habeck: Gasspeicher füllen sich in Rekordtempo – DER SPIEGEL

Drittes Entlastungspaket über 65 Milliarden Euro | Bundesregierung

Drittes Entlastungspaket: Die Maßnahmen im Überblick | tagesschau.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Neue Studie zeigt, dass erneuerbare Energien den Strompreis deutlich senken

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Reußenköge, 29. September 2022

Die Strompreise sind in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Die Gründe sind vielfältig, maßgeblich sind aber vor allem Russlands Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen auf die Erdgasversorgung sowie die Ausfälle französischer Atomkraftwerke. Gut 465 Euro kostete eine Megawattstunde am Day-Ahead-Markt in Deutschland im August 2022. Zum Vergleich: Vor einem Jahr, im September 2021, lag der Preis noch bei rund 128 Euro.

GP JOULE wollte deshalb wissen: Wie hätten sich die Strompreise in Deutschland entwickelt, wenn mehr erneuerbare Energien zur Verfügung gestanden hätten? Das Szenario: 20 GW Onshore-Windenergie und 30 GW-Solarenergie wären mehr installiert und am Netz. Welche Auswirkungen hätte das auf unseren Strompreis?

Erneuerbare Energien senken den Strompreis deutlich

Die höheren Wind- und Solarkraftkapazitäten hätten zwischen September 2021 und August 2022 dazu geführt, dass der Strompreis im Schnitt pro Monat um 12 bis 24 Prozent niedriger gewesen wäre. Für den gesamten Zeitraum zwischen September 2021 und August 2022 ergibt sich ein durchschnittlicher monatlicher Preisrückgang von 37 Euro pro MWh beziehungsweise um 17 Prozent.

„Für einen Haushalt mit 3.000 kWh Jahresverbrauch liegt das Einsparungspotenzial bei 111 EUR zzgl. Mehrwertsteuer“, heißt es in der Studie (Quelle: Energy Brainpool, 2022). Allein im August 2022 wäre der Preis pro Kilowattstunde am Day-Ahead-Markt um mehr als 8 Cent niedriger gewesen.

Für den Klimaschutz wäre die zusätzliche Erzeugung von Strom aus Sonnen- und Windenergie selbstverständlich auch ein Gewinn: Im angenommenen Szenario nimmt von September 2021 bis August 2022 die Stromerzeugung aus Solaranlagen um 30 TWh und aus Windturbinen um 43 TWh zu. Laut der Studie würden damit circa 8 TWh Strom aus Erdgas, 15 TWh aus Braunkohle und 16 TWh aus Steinkohle ersetzt.

Auch „der Effekt auf die gesamte Volkswirtschaft ist immens“, schreiben die AutorInnen der Studie. Zwischen 19,3 und 19,7 Milliarden Euro hätte hierzulande in den vergangenen zwölf Monaten weniger für Strom ausgegeben werden müssen, wenn die 50 GW zusätzlicher Solar- und Windleistung installiert gewesen wären.

Sind Erneuerbare der Ausweg aus der Strompreiskrise?

„Die Studie zeigt eindeutig, dass die Erneuerbaren Energien die Lösung sind“, sagt Ove Petersen, CEO und Mitgründer von GP JOULE: „Die Lösung für dauerhaft günstige Energiepreise, für Versorgungssicherheit, für Unabhängigkeit und für die Eindämmung der Schäden, die der von uns verursachte Klimawandel mit sich bringen wird.“

Dabei wären die im Studienszenario angenommen 20 GW Windenergie an Land und 30 GW Solarenergie an zusätzlich installierter Leistung in den vergangenen Jahrzehnten keineswegs unrealistisch zu erreichen gewesen. Im Gegenteil. Laut EEG 2023 sollen allein im Jahr 2024 in Deutschland 41 GW Solar- und Windkraftleistung an Land zugebaut werden, 2026 gar 55 GW und zwei Jahre später 59 GW.

„Das heißt, wenn wir uns jetzt auf den gesetzlich festgeschriebenen Ausbaupfad der Erneuerbaren fokussieren, lösen wir die Strommarktkrise bis spätestens 2024 und haben dann Gas und Kohle verdrängt“, sagt Petersen.

Die Kurzstudie finden Sie hier zum Download.

Autor der Pressemitteilung: Jürn Kruse (Unternehmenskommunikation GP JOULE Gruppe)

Über GP JOULE: 2009 mit der Überzeugung gegründet, dass 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung machbar ist, ist GP JOULE heute ein System-Anbieter für integrierte Energielösungen aus Sonne, Wind und Biomasse sowie ein Partner auf Versorgungsebene für Strom, Wärme, Wasserstoff sowie Elektromobilität. GP JOULE ist damit ein Pionierunternehmen der Sektorenkopplung. Für die mittelständische Unternehmensgruppe arbeiten rund 500 Menschen in Deutschland, Europa und Nordamerika. GP JOULE ist Träger des Umweltpreises der Wirtschaft Schleswig-Holstein 2019 und des German Renewables Award 2020.

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Krieg, Gasknappheit und Extrempreise: 2022 wirft Energiemärkte aus der Bahn

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Geopolitische Zäsur bringt Ausnahmesituation

Seit Russlands Angriff auf die Ukraine Ende Februar 2022 herrscht eine Zäsur in Europa. Neben den Tragödien vor Ort verursacht der anhaltende Krieg weltweit geopolitische und ökonomische Verwerfungen. Steigende Lebensmittelpreise und teure Energierohstoffe sind unmittelbare Auswirkung, die vor allem ärmere Regionen treffen. Die Sabotage und teilweise Zerstörung der Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 im September 2022 brachte auch die Sicherheit und den Schutz physischer Energieinfrastrukturen in den Vordergrund.

Die europäischen Länder, welche vor dem Krieg etwa 50 Prozent ihrer Gasimporte von Gazprom aus Russland bezogen haben, schwenken nun um. Teilweise aufgrund der Entscheidung der Importländer, teilweise aufgrund des Lieferstopps des russischen Gaskonzerns. Die Liefermengen von Gazprom nach Europa sind in den ersten elf Monaten des Jahres 2022 um 45 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gefallen (Quelle: Montel). Ähnliches gilt für die Importe von Steinkohle und Erdöl aus Russland in die EU. Mittel- und langfristig verliert Russland mit der EU seinen wichtigsten Abnehmer von Rohstoffen. Andere Länder nehmen die Mengen jedoch zum Teil auf, wie Abbildung 1 zeigt (Quelle: CREA).

Abbildung 1: Exporte fossiler Energieträger aus Russland in Mio. EUR/Tag im 30-Tagesdurchschnitt (Quelle: CREA, 2022) [1]

Abbildung 1: Exporte fossiler Energieträger aus Russland in Mio. EUR/Tag im 30-Tagesdurchschnitt (Quelle: CREA, 2022) [1]

Preisextreme bei Strom und Gas

Die Preise für Strom und Gas in Europa zogen schon seit Ende 2021 an. Dies lag unter anderem an den relativ geringen Lieferungen Gazproms und an den niedrigen Füllständen der von Gazprom bewirtschafteten Speicher. Hierüber berichten wir ausführlicher in unserem Beitrag zur Preisrally an den Energiemärkten. Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gingen die Gaspreise in Europa durch die Decke. Über den Sommer hinweg stoppte Russland schrittweise seine Gaslieferungen über die Gaspipeline Nord Stream 1. Das Ergebnis: Die Preise stiegen auf das mehr als Zehnfache des Vorkriegslevels. In einigen Blogbeiträgen haben wir die Entwicklungen der Gas- und Strompreise im Detail analysiert (Themen: Speicherziele, Spotmarktpreise Strom und Gasmarktentwicklung).

Abbildung 2 zeigt die Preisentwicklung der wichtigsten Energierohstoffe und der Emissionszertifikate im europäischen Emissionshandel von Oktober 2021 bis Anfang Dezember 2022. Die extremen Preisausschläge bis August 2022 sind klar erkennbar. Ebenso sind der Rückgang und die Stabilisierung der Gas- und Strompreise auf einem hohen Niveau im Herbst 2022 ersichtlich.

Abbildung 2: Prozentuale Entwicklung von Commodity-Preisen von Oktober 2021 bis Dezember 2022 – Strom Frontjahr 2023 Deutschland (candle sticks), Gasfrontjahr 2023 TTF (gelbe Linie), Kohlefronjahr 2023 (rote Linie), Rohöl Brent Q2 2023 (grüne Linie) und EUA Lieferung Dez 2023 (orangenfarbene Linie) (Quelle: Montel, 2022) [2]

Abbildung 2: Prozentuale Entwicklung von Commodity-Preisen von Oktober 2021 bis Dezember 2022 – Strom Frontjahr 2023 Deutschland (candle sticks), Gasfrontjahr 2023 TTF (gelbe Linie), Kohlefronjahr 2023 (rote Linie), Rohöl Brent Q2 2023 (grüne Linie) und EUA Lieferung Dez 2023 (orangenfarbene Linie) (Quelle: Montel, 2022) [2]

Treiber für die sinkenden und stabilen Preise gegen Ende des Jahres waren einerseits die hohen Speicherfüllstände für Erdgas in Deutschland und Europa. Andererseits spielten die Gaseinsparungen besonders aufseiten der Industrie und die hohen Temperaturen eine zentrale Rolle.

Weitere energiepolitische Entwicklungen

Neben der unmittelbaren Bewältigung der Auswirkungen des Ukrainekriegs wurden in 2022 weitere wichtige Entscheidungen für die Energiewirtschaft getroffen. Die Details übersteigen den Rahmen dieses Artikels, jedoch soll die untenstehende Auflistung einen Überblick geben:

  • Abschaffung der EEG-Umlage als Bestandteil des Strompreises von Endverbraucher:innen
  • Änderung der Förderbedingungen für Elektrofahrzeuge und energieeffiziente Gebäude
  • Ambitionierte Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland (80 Prozent bis 2030) im EEG 2023 und auf EU-Ebene durch REPowerEU
  • Energiesicherheits- und Energiespargesetz mit Verordnungen zur Abwendung einer Gasmangellage
  • Start des Baus von LNG-Importterminals zur Sicherung der Gasversorgung (mehr dazu im Beitrag über LNG-Terminals)
  • Rückkehr von (Kohle-)Reservekraftwerken in den Strommarkt (Versorgungsreserve)
  • Verlängerung der Stromerzeugung aus Kernkraftwerken in Deutschland bis Mitte April 2023
  • Teilweise Verstaatlichung von bzw. Einstieg des Staates bei Gasspeicherbetreiber (SEFE) und Gasimporteuren (Uniper)
  • Umfangreiche Entlastungspakete für Endverbraucher:innen (Strom- und Gaspreisbremse)
  • Abschöpfung von „Übergewinnen“ bei Stromerzeugern zur Finanzierung der Preisbremsen

Rückgang des Gasverbrauchs, Anstieg bei Kohle und Erneuerbaren

In den ersten neun Monaten ging der Primärenergieverbrauch in Deutschland witterungsbereinigt um 2,2 Prozent zurück. Ein Großteil davon ist auf die hohen Energieträgerpreise zurückzuführen. Insbesondere die Anstrengungen, um den Gasverbrauch zu reduzieren, haben sich schon in der Statistik niedergeschlagen, wie die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen zeigt (Quelle: AGEB). Der Erdgasverbrauch nahm in Vergleich zu den ersten drei Quartalen im Jahr 2021 um 12 Prozent ab. Der Einsatz von Kernenergie ging aufgrund der Abschaltung von drei Kraftwerken zum Ende des Jahres 2021 um fast 50 Prozent zurück. Der Anteil der Kernenergie am Primärenergieverbrauch lag im Betrachtungszeitraum bei knapp über 3 Prozent.

Demgegenüber nahm jedoch der Verbrauch von Kohle besonders in der Stromerzeugung um etwa 10 Prozent zu. Grund hierfür sind die sehr hohen Gaspreise, welche den Einsatz von Kohlekraftwerken lukrativer machen, und die höheren Stromexporte Deutschlands an Nachbarländer wie Frankreich. Der Einsatz von erneuerbaren Energien stieg um mehr als 4 Prozent. Von Januar bis Ende September 2022 deckte er 17,3 Prozent des deutschen Primärenergiebedarfs. Abbildung 3 stellt die prozentualen Änderungen des Primärenergieverbrauchs der ersten drei Quartale gegenüber dem Vorjahreszeitraum dar.

Abbildung 3: Veränderung des Primärenergieverbrauchs verschiedener Energieträger in Q1–Q3 2022 im Vorjahresvergleich (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 3: Veränderung des Primärenergieverbrauchs verschiedener Energieträger in Q1–Q3 2022 im Vorjahresvergleich (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Im Betrachtungszeitraum nahmen die energiebedingten CO2-Emissionen aufgrund der höheren Kohleverstromung gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozent zu. Die Treibhausgasemissionen Deutschland sind also auch im Jahr 2022 nicht auf dem Zielpfad. So sind weitere Anstrengungen notwendig, um die im Klimaschutzgesetz festgeschriebenen Sektorziele zu erreichen.

Was wird in 2023 wichtig?

Die Gaskrise ist mit dem Jahresende noch lange nicht ausgestanden. Besonders die Temperaturen von Januar bis April 2023 bestimmen, ob trotz der sehr hohen Füllstände zu Anfang Dezember 2022 und der Einsparungen in Haushalten sowie Industrie doch kurzzeitige Mangellagen auftreten. Bei mittleren Wintertemperaturen sollten die Gasspeicher den gesetzlichen Wert von 40 Prozent zum 1. Februar 2023 einhalten können. Damit würde auch die Wiederbefüllung im nächsten Jahr unter den erschwerten Bedingungen (deutlich weniger russischen Gasimporten) vereinfacht werden. Zusammengefasst bedeutet das: Auch in 2023 werden uns die Gasspeicherfüllstände und die nach Deutschland gelieferten LNG-Importmengen verfolgen.

Weiterhin wegweisend sind die mittel- und langfristigen Änderungen, die auf EU-Ebene, aber auch in Deutschland, bezüglich des Strommarktdesign diskutiert werden. Eine Arbeitsgruppe aus wichtigen Stakeholdern soll im kommenden Jahr Vorschläge für Deutschland vorstellen. Die Einführung eines Kapazitätsmarkts oder handelbarer Versorgungssicherheitsbeiträge in Deutschland ist dabei auf der Tagesordnung.

Neben den akuten Problemen der Energiewirtschaft aufgrund des Kriegs in der Ukraine, darf der Fokus auf Emissionsminderungen nicht nachlassen. Wichtige Entscheidungen dazu stehen in den Trilogen der EU zum „Fit for 55“-Paket auch noch in 2023 an. Maßgeblich wird außerdem sein, wie stark der Ausbau der erneuerbaren Energien tatsächlich voranschreitend und ob Genehmigungsverfahren beschleunigt werden können. Nur wenn die Weichen dafür im nächsten Jahr gestellt werden, kann das Ziel von 80 Prozent erneuerbaren Stroms in erreichbare Nähe kommen.

 

Weiterlesen?

Sie möchten mehr über die Lage am Gasmarkt erfahren? Ein Review dazu finden Sie hier: Alles entspannt am Gasmarkt? Eine Einordnung der derzeitigen Entwicklungen

Hier geht es zu unserem letzten Blogartikel: EU Energy Outlook 2060: Wie entwickelt sich der europäische Strommarkt in den nächsten 37 Jahren?

 

Quellenangaben der Abbildungen:

[1] CREA, 2022

[2] Montel, 2022

Der Beitrag Krieg, Gasknappheit und Extrempreise: 2022 wirft Energiemärkte aus der Bahn erschien zuerst auf Energy BrainBlog.

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